Vielleicht noch ein Gedanke zum „modernen Sicherheitsdenken“:
Seit Kriegsende, bzw. spätestens seit Anfang der 90er leben wir in einer (scheinbaren) Sicherheitblase, die uns glauben lässt, dass das auf ewig so weiter geht. Irgendwann wird man betriebsblind, auch für Gefahren, die ganz realistisch betrachtet immer da sind, oder vielleicht sogar größer werden. Da kann die Wissenschaft warnen, wie sie möchte. Das ist eigentlich pure Psychologie.
Beispiel Italien, Neapel, Phlegräische Felder: Da siedeln die Menschen sogar sorglos auf einem Supervulkan wo es ständig dampft, brodelt, Erdbeben gibt und wo sich beständig der Boden hebt. Aber es ist ja seit langem nichts wirklich schlimmes passiert, und man verdient sogar Geld mit den Touristen, die sich das Schauspiel ansehen wollen. Wenn das Ding allerdings hoch geht, was jederzeit passieren kann, dann sind unweigerlich zigtausende Tote die unausweichlichen Folgen. Man sieht daran, wie stark der Mensch Gefahren ausblenden kann, solange er nicht selber direkt (oder zumindest der direkte Nachbar) von katastrophalen Auswirkungen betroffen ist. Auch bei der derzeitigen Pandemie gab und gibt es ja offenbar ähnliche Phänomene.
Zum guten Warnsystem und Katastrophenschutz im Kalten Krieg: Da darf man sicher auch nicht vergessen, dass dieses damals zuallererst eine „politische Sache“ war. Bezeichnenderweise wäre das System bei dem angedachten „Ernstfall“, d.h. einem Atomkrieg in Europa, sowieso völlig sinnlos gewesen. Es wäre sowieso alles zerstört und verseucht gewesen, und die Überlebenden hätten die Toten beneidet! Aber immerhin hat der Bund alles bezahlt, und somit stand auch für Friedenszeiten ein gutes Warnsystem bereit. Nach Ende des Kalten Krieges hat sich der Bund vollkommen aus dem Warnsystem zurück gezogen. Die Warnämter wurden geschlossen, und die Sirenen den Kreisen, Städten und Kommunen zur kostenlosen Übernahme angeboten. Diese fürchteten allerdings vielfach die Unterhaltskosten, vielleicht wollte man vielfach auch mit diesen „schaurigen Überbleibseln“ aus dem Kalten Krieg nichts mehr zu tun haben, und baute die Sirenen dort, wo sie nicht für die Alarmierung der Feuerwehr benötigt wurden, meistens ersatzlos ab.
Dass die Sirenen in den letzten Jahren vielfach neu aufgebaut oder modernisiert wurden, ist positiv zu betrachten. Es ändert aber leider nichts daran, dass dieses Warnsystem weitgehend aus dem Blickfeld der Bevölkerung geraten ist - wie man ja auch hier in einigen Beiträgen lesen kann.
Dabei ist die Sache ja im Grunde frappierend einfach! Bei Sirenenalarm mit dem Signal „Warnung der Bevölkerung“ wenn möglich Schutz suchen, vor allem aber: Rundfunkgeräte einschalten, Warnapps beachten und auch sonst Augen und Ohren offen halten. Es liegt also eben AUCH AN JEDEM EINZELNEN, ob es gelingt solche Großschadensereignisse in den Folgen zu mildern, vor allem was die Anzahl der Toten angeht!
Die Warnapps NINA oder Katwarn sollen übrigens tatsächlich zumindest teilweise gut funktioniert haben. Allerdings funktionieren sie zuweilen auch zu gut. Wenn ich denke wie oft diese Systeme bei mir Alarm schlagen, dann gewöhnt man sich irgendwann auch daran und schaut ggf. nur halbherzig und verzögert nach „was da wieder mal los ist“. Aber dafür habe ich auch 200 Meter entfernt die nächste Sirene stehen, und wenn die los geht, dann hat das immer noch eine ganz andere (auch psychologische) Wirkung!
PS:
Die vier Hörner sind alle exakt auf meine Bleibe ausgerichtet. Ich bekomme also hier jede Art von Alarm sehr zuverlässig um die Ohren gehauen. Man müsste da schon sehr ignorant sein, um sich NICHT mit Sirenensignalen auszukennen…
Das Bild entstand beim Aufbau der neuen elektronischen Sirene. Weil ich schon mal oben war um die alte Heulsuse in Empfang zu nehmen habe ich auch gleich mal mitgeholfen, das neue Ding aufzustellen. Man war sogar recht froh drum, denn der Kram ist doch ziemlich schwer und unhandlich.