Wir standen zeitig auf, und machten uns auf ins Erdgeschoß zu unserem ersten "British Breakfast", auf das wir uns schon wieder so lange gefreut hatten. Nach Speck und Eiern, Hashbrowns, Baked Beans und Croissants mit Orangenmarmelade ging es frisch gestärkt in den Tag. Die Erkundungsfahrt per Bahn und per pedes war angesagt. Hierfür lösten wir normale Rückfahrkarten, da sie billiger als ein Tag BritRail-Pass waren, und wir die restlichen 7 Tage anderweitig verplant hatten.
Der 0853 Northern Service sollte unserer sein, der uns in ca. 1 3/4 Stunden nach Hellifield bringen sollte. Vom Zug aus wollten wir erste Erkenntnisse über die Strecke sammeln, und dann mit dem nächsten Zug wieder von Hellifield zurückfahren und mit der Pirsch beginnen. Abfahrbereit stand der Express-Sprinter 158796 von Northern am entsprechenden Bahnsteig. Die 158/159 stellen die letzte Generation der Sprinter-Familie dar, sie verfügen als einzige über Klimaanlage und Scheibenbremsen, sowie eine höhere Vmax von 90 statt 75 mph (144 statt 120 km/h), sie wurden für die "etwas höherwertigen" Dienste ab 1989 angeschafft. Allerdings verfügen auch sie nur über eine nicht sehr großzügige, aber dennoch halbwegs bequeme "Standard class"-Inneneinrichtung - und einen von dem Verein "Friends of the Settle-Carlisle-Line" bewirtschafteten Trolley-Service (mit der Minibar aus dem guten alten Bundesbahn-Intercity vergleichbar).

Grau zeigte sich der Himmel in Hellifield, ganz im Gegensatz zur soeben abgeschlossenen Sanierung des historischen Bahnsteigdaches, es roch noch nach Farbe...ein interessanter Bahnhof, ein Empfangsgebäude sucht man straßenseitig vergeblich, ein kleiner Tunnel führt auf den Mittelbahnsteig, wo es sich dann findet. Ein Fahrkartenverkauf findet im Zug statt, dennoch ist das Gebäude genutzt - durch ein Cafè mit vielen Bildern und Ausstellungsobjekten zur S&C...und einen An- und Verkauf-Laden für Modelleisenbahn!

Nachschuß auf den Richtung Leeds davonbrummenden Sprinter mit der Hellifield Signal box. Hier gabelt sich die Strecke Richtung Blackburn und West Coast Mainline (rechts) und Leeds (links) - so auch das "Semaphore Signal": Ausfahrt nach Leeds!

Auch in der anderen Richtung trennen sich die Strecken wieder, genau gesagt in Settle Junction, hier teilt sich die Strecke nach Carlisle und nach Carnforth und weiter nach Heysham Port an der Irischen See, wohin dieser "Pacer" tuckert. Mitte der 80er erlebte der "Schienenbus" eine Hochzeit in GB. Mit Serien-Bauteilen aus dem Omnibusbau entstanden Doppelwagen auf Schienen, welche auf Einachsdrehgestellen (ähnlich wie beim MAN-Schienenbus) eine atemberaubende Geschwindigkeit von 75 mph (120 km/h) erreichen, dann klappern aber die Türen...

Mittlerweile sinkt ihr Stern - nicht zuletzt wegen ihrer bescheidenen Crashfestigkeit. Doch noch sind sie ein alltäglicher Anblick auf schwach frequentierten Kursen oder als (traktionsfähiges!) Anhängsel mit Sprintern zusammen.

Allgegenwärtig: Das Blöken der Schafe, welches sich je nach Laune der Viecher ganz lustig anhören kann, es geht vom hellen Määäääh des mamasuchenden Lämmchens über gelangweiltes Böööööh bis hin zu echt zickigem Buääääh!

Grund genug, diesen kurzweiligen Pulloverschweinchen auch mal ein Bild zu widmen.

Schauen wir uns doch mal ein paar Details der wunderbaren Bahnsteigüberdachung an, wir entdecken nicht nur das Logo der alten "Midland Railway", welche von 1844 bis 1922 existierte, sondern auch das zum Logo gehörende Fabelwesen, das wider Erwarten KEIN Drache ist, sondern ein "Wyvern", eine Kreatur mit Drachenkopf, Reptilienkörper aber nur zwei Beinen und einem Flügelpaar (Wußte ich auch nicht - hab's mir erlesen.)...


Bald ging es mit dem nächsten Zug zurück. Aus Leeds kam der 158784, der uns nach Ribblehead brachte. Der dortige beeindruckende Viadukt gleichen Namens sollte das erste Motiv werden, doch auch der Bahnhof mit dem ausfahrenden Zug bot ein schönes Motiv. Die richtungsgebundenen Bahnsteige sind hier wegen des (zwecks Holzverladung reaktivierten) Gleisanschlusses, der links im Bild sichtbar ist, versetzt. Die Baucontainer im Bild stehen wohl schon eine ganze Weile, und haben schon manch anderen Fotografen zur Weißglut gebracht, aber sie müssen wohl noch eine Weile wegen Bauarbeiten dort stehen bleiben. Denkt sie Euch einfach weg...


Am Bahnhofsgebäude findet sich sogar ein sehenswerter Milepost....

Daß das Gras sehr grün ist, konnte man auf einigen vorangegangenen Bildern erkennen, die hübschen Steinmäuerchen sind grau, da konnte man der Illusion wegen dem Bild mit dem schwarzen Hauptmotiv die Farbe klauen - einem Morris Oxford MO Baujahr 1948-54:

Ein auf den ersten Blick nicht sehr zielführendes Wegenetz, freilaufende Schafe und vereinzelte kleine und kleinste Farmen bestimmen das Bild und den Blick in die Ferne..."Cattle Grids" in der Straße (Weitmaschige befahrbare Gitter, die die Tiere nicht betreten können) sorgen für einen festgelegten "Freilaufradius" der wandelnden Wollknäuel.

Und schon befuhr das erste Objekt der Begierde den mit 24 Bögen imposantesten Viadukt der Strecke. Die Class 66059 von DB-Schenker - zum Glück noch in der "gold-maroon"-Farbgebung der EWS - zog 21 Selbstentlade-Vierachser voller Kohle in Richtung Kraftwerk....

...um Sekunden später hinter dem "Station Inn" vorbeizuröhren:

Die Regel(reise)züge wirken auf diesem Bauwerk kaum, ein gemischtes Doppel aus einem 158 und dem einteiligen 153 querte das Tal, nachdem wir die Brückenseite gewechselt, und einen Schafhügel erklommen hatten - dank zahlreicher sichtbarer und unsichtbarer Wasseransammlungen kein leichtes Unterfangen - das kannten wir doch schon von Schottland - aber so weit weg davon waren wir ja auch nicht....immerhin kam mal die Sonne raus:

Wild pfiff uns der Wind um die Ohren - die Sonne beschien die Gegend, Grund genug, Euch diesen Eindruck dieser unglaublichen Weite zu zeigen, der als statisches Bild nur annähernd die Stimmung beschreiben kann...

Dann kam der nächste Kohlezug, leider aus der gleichen Richtung, wie der vorige, aber dank Tele konnte er nahe der Überleitstelle Blea Moor abgelichtet werden. Freightliner und DB-Schenker teilen sich hier die Kohletransporte.

Der hölzerne Wegweiser zeugte von "nicht ganz trockenem" Klima in Ribblehead:

Erneuter Seitenwechsel auf die Low Sleights Road - wieder ein kleines Stück länger - aber eigentlich immer noch zu mickrig - kam dieser doppelte Northern-158 daher, einer von ihnen (der mit der orangefarbenen Fläche) mit Werbebeklebung. Diese Werbebeklebungen haben meist regionalen Bezug.

Der Fotostandpunkt erlaubte auch diesen netten Nachschuß auf den Zug, der soeben Ribblehead erreicht...

Der handliche Wegweiser an der Bahnunterführung hätte sich auch gut als Deko in meinem Carport gemacht - er hing jedoch viel zu hoch!


Ein weiteres sehenswertes Relikt aus alten Zeiten war dieses Bushaltestellenschild, dem ich auch gern ein paar Megabytes opferte...

Das mustergültig restaurierte "Station Master's House" ist heute ein Ferienhaus mit hübschem Innenhof direkt an der Bahn in bezaubernder Landschaft. Kein ganz billiges Vergnügen, aber sicherlich eine traumhafte Kombination aus Entspannung und Hobby... http://www.sandctrust.org.uk/stayatasta ... /house.htm

Kaum am Bahnsteig angekommen, brummte ein Freightliner Kohle-Leerzug heran, und passierte die mustergültig aufgearbeitete Bahnstation.

Auch das Wartehäuschen am abgelegenen Bahnsteig Richtung Carlisle konnte sich sehen lassen - sauber, intakt, mit einer Heizung (und der Bitte, diese wieder auszuschalten, wenn man sie nicht mehr braucht) und einem Kartentelefon. Nicht zu vergessen, daß man dieses benutzen soll, wenn der Zug einmal nicht kommt. Auch ohne Karte einfach "**2" wählen, und schon wird man mit dem Northern-Kundendienst verbunden.

Puh - so weit bis hier, bald geht es mit dem gleichen Teil (!) weiter, es entstanden nicht weniger als 148 Bilder an diesem Tag, ich muß sie etwas aufteilen. Im nächsten Teil geht es nach Garsdale.