Lahnstein hat (Eisenbahn)-Geschichte

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peter stumm
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Lahnstein hat (Eisenbahn)-Geschichte

Beitrag von peter stumm »

Lahnstein hat Geschichte (272)

Oberlahnstein erhielt am 22.02.1862 Anschluss an die rechtsrheinische Eisenbahnstrecke. Das Stadtarchiv Lahnstein erinnert.

Vor 150 Jahren: Oberlahnstein wird Eisenbahnknotenpunkt

Im Amtsblatt für die herzoglichen Ämter Nassau, Braubach, Montabaur und Nastätten vom 22.02.1862 machte die herzoglich Nassauische Eisenbahn-Direktion bekannt: „Die am 22. des Monats – dem Tage der Betriebs-Eröffnung der Staats-Eisenbahn zwischen Wiesbaden und Nassau- sowie an den beiden darauf folgenden Tagen gelösten Fahrbillets nach und von allen Stationen der herzoglichen Staats-Eisenbahn haben... Gültigkeit für die Hin- und Rückreise während der bezeichneten Tage.“ Ohne Preiszuschlag durften die Bürger an den drei Eröffnungstagen mit der Lösung einer einfachen Fahrkarte hin- und zurückfahren. Das war gleichsam das Begrüßungsgeschenk der Nassauischen Staatsbahn an die Fahrgäste. Oberlahnstein wurde an jenem Tag an die Rheinbahn angeschlossen, sechs Jahre nach Eröffnung der Nassauischen Rheinbahn von Wiesbaden bis Rüdesheim. In Oberlahnstein konnten die Reisenden in die Lahntalbahn umsteigen, die vier Jahre zuvor eröffnet und 1862 bis Diez verlängert wurde. Zuvor gab es nur die Möglichkeit, mit der Rhein-Dampfschifffahrt (KD) von Oberlahnstein „dicht neben dem Bahnhofe“ nach Mannheim, Biebrich, Köln oder St. Goar zu fahren. Auf die andere Rheinseite fuhr bereits 1861 ein „Local-Dampfboot“ von Capellen (Stolzenfels) nach Oberlahnstein. Das Boot ermöglichte den Anschluss an alle Züge der (links-)Rheinischen sowie der Nassauischen Lahntalbahn. Mit Eröffnung der rechtsrheinischen Strecke Rüdesheim-Oberlahnstein wurde auch die Post- und Güterbeförderung zwischen Wiesbaden und Nassau neu geregelt. Ein täglich verkehrender Güterzug zwischen beiden Städten beförderte auch Personen in allen Wagenklassen. Er fuhr nach Ankunft der Taunusbahn aus Frankfurt in Wiesbaden um 8.30 Uhr ab und kam um 14.12 Uhr in Nassau an. Um 14.40 Uhr ging es von Nassau zurück nach Wiesbaden, Ankunft 19.30 Uhr. Der Zug hielt unterwegs an allen Stationen.
Oberlahnstein erhielt nun anstelle des provisorischen Personenbahnhofs, der 1858 in der neu angelegten Westallee errichtet worden war, ein repräsentatives Empfangsgebäude. Dieses wurde in dem für diese Zeit einheitlichen Bautyp mit Eingangshalle und Funktionsräumen im Erdgeschoss, im darüber liegenden Obergeschoss die Wohnung des Stationsvorstehers, am Standort des heutigen Bahnhofs erbaut. Ältere Lahnsteiner können sich noch an dieses imposante Gebäude erinnern, das am 11.11.1944 im Bombenhagel seine beiden Flügelbauten verlor und dessen behelfsmäßig wiederhergestellter Mitteltrakt 1968 einem Neubau wich. Die verputzte Fassade mit einfacher Reihung von Fenstern spricht die Architektursprache klassizistischer preußischer Verwaltungsbauten ähnlich dem Bahnhofsgebäude in Rüdesheim (Architekt Heinrich Velde). Der Bahnhof mitten in der historischen Altstadt und die Linienführung zwischen westlicher Stadtmauer und Hochstraße bedeutete aber auch den Abriss vieler Häuser. Gleichzeitig beschleunigte es den Aufstieg Oberlahnsteins von der agrargeprägten Stadt zur Eisenbahnerstadt schlechthin und verursachte einen rasanten Einwohnerzuwachs. Bereits in den 1860er Jahren bekam die Stadt außer Rangierbahnhof und Rheinhafen eine Postexpedition und ein Amtsgericht, die Straßen wurden gepflastert, zahlreiche Hotels entstanden in Bahnhofsnähe.
Der Bau des 56,6 km langen Streckenabschnitts von Rüdesheim bis Oberlahnstein war wegen der umfangreichen Bauarbeiten im engen Mittelrheintal besonders schwierig. Zeitgleich zum Bau einer Eisenbahnbrücke über die Lahn zwischen Ober- und Niederlahnstein durch den nassauischen Staat, ließ die preußische Regierung 1863/64 eine Rheinbrücke in Pfaffendorf errichten. So konnte die rechtsrheinische Bahnstrecke am 3. Juni 1864 bis Niederlahnstein verlängert werden, wo sie Anschluss an die Strecke der Rheinischen Eisenbahngesellschaft (REG) nach Koblenz und ihr linksrheinisches Schienennetz erhielt. Hierzu erhielt Niederlahnstein einen kleinen Personenbahnhof, der sich zwischen Nauling und Langgasse befand.
Bis es soweit war, richteten die Bahngesellschaften noch 1862 ein freifahrendes Trajekt (Eisenbahnfähre) zwischen der linksrheinischen Station Königsbach und dem 2,5 km entfernten Hafen von Oberlahnstein ein. Diese Verbindung diente neben der Personenbeförderung (es gab ab 15. Mai 1862 eine direkte Personen- und Gepäckbeförderung zwischen der Nassauischen Staatsbahn und der Rheinischen Bahn, ab 1. Juli 1862 auch der Belgischen Staatsbahn sowie der französischen Nordeisenbahn) vorrangig dem Erztransport aus dem Lahntal und der Versorgung der Industrie im Lahntal mit Ruhrkohle. Einem Dampfschiff, das die Passagiere aufnahm, wurden seitlich zwei Ponten angekoppelt, die jeweils bis zu drei Güterwagen aufnehmen konnten. An den Rampen der beiden Trajektstationen wurden die Wagen von Lokomotiven mit Drahtseilen oder Ketten von den Ponten hochgezogen bzw. auf diese abgelassen. So verhinderten die Bahngesellschaften, die als Konkurrent zur Lahn- und Rheinschifffahrt auftraten, ein Umladen der Güter auf Schiffe. Mit der Eröffnung der Pfaffendorfer Brücke verschwand das Trajekt. Oberlahnstein war zu einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt mit bedeutendem Umschlagplatz für den Güterverkehr geworden. Am Rheinhafen entstand ein Rundschuppen mit 14 Ständen für Lokomotiven der Bahnbetriebswerkstätte.
Als Nachteil in der Bahnlinienführung erwies sich, dass es keine durchgehende Verbindung von der Lahntalbahn zur linksrheinischen preußischen Staatsbahn gab: Deshalb mussten die Züge von der Lahn und zur Lahn in Oberlahnstein Kopf machen: Die Lokomotive wurde abgehängt und eine andere auf dem anderen Gleisen stehende vorgesetzt. Diesem Umstand verdankten die Oberlahnsteiner, dass der preußische König (bzw. ab 1871 Kaiser) auf seinem Weg zur Kur nach Bad Ems in Oberlahnstein umsteigen musste und stets von den Honoratioren der Stadt mit einem Blumenbouquet begrüßt wurde. Seit 1866 war er ihr Landesherr, denn das Herzogtum Nassau hatte den Krieg an der Seite Österreichs gegen Preußen verloren und wurde von Preußen annektiert. Auch viele Kurgäste aus dem Nordwesten Europas auf dem Weg nach Wiesbaden nutzen den Aufenthalt in Oberlahnstein für eine längere Fahrtunterbrechung.
Der Nachteil in der Linienführung wurde von der Bahngesellschaft durch den Bau von Hohenrheiner und Horchheimer Brücke 1878/79 beseitigt. Mit dem Bau eines neuen Bahnhofs wurde nun Niederlahnstein Umsteigebahnhof von der Lahn- auf die Rheinschiene. Oberlahnstein kompensierte diesen Bedeutungsverlust durch den Ausbau von Hafen und Rangierbahnhof.

Einstellung ins Forum mit frdl. Erlaubnis vom Stadtarchiv Lahnstein

Frdl. Grüße Peter Stumm
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