Hallo zusammen!
Es ist ja heute nicht einmal möglich, die Rheinschiene von diesen nicht zeitkritischen Altschotter- oder Arbeitszügen, die oftmals sogar mit Diesel bespannt sind, zu entlasten, in dem man diese Züge über die Oberwesterwaldbahn führt. Dabei ist diese Strecke nach der Streckenklasse D 4 als schwerste Kategorie eingestuft. Und was fährt wirklich dort? LINT-Triebwagen, die man auch auf eine A-Strecke schicken könnte.
Dazu möchte ich einmal etwas anmerken aus der Praxis:
Die DB Netz AG als Dienstleisterin bzw. Bereitstellerin der Schieneninfrastruktur hat nur einen geringen Einfluss darauf, wie die Laufwege der Züge von den Kunden (also den EVU) bestellt werden. Sofern im Zug keine Sonderbedingungen (Lademaßüberschreitung, Traktionsleistung, Schwerwagen u. ä.) vorhanden sind, die für bestimmte Streckenabschnitte nicht zugelassen bzw befahrbar sind, können die Kunden den Laufweg ihrer Züge frei bestimmen.
Wenn also ein Kunde von Köln nach Frankfurt als Wunsch-Laufweg Au - Altenkirchen - Hachenburg - Limburg angibt, wird dieser Fahrplan auch so von der DB Netz AG bereitgestellt.
Aber schauen wir uns doch einmal die Sache aus der Sichtweise des EVU an. Welchen Grund sollte das EVU haben, zwischen Start und Ziel gerade diesen Laufweg zu wählen? Nehmen wir für unsere Betrachtungen an, ein Güterzug sei von Köln-Eifeltor nach Frankfurt Außenbahnhof zu befördern, Geschwindigkeit 60 km/h und 500 t.
Über die linke Rheinstrecke sind damit 206 Trassenkilometer fällig zu einem Preis von 504 €.
Über die rechte Rheinstrecke wären es 209 Trassenkilometer für einen Preis von 453 €.
Eine Fahrt über Au - Hachenburg - Limburg wäre 212 km lang und würde knapp 492 € kosten.
Die absolut günstigste Variante, die ich gefunden habe, kostet 430 €.
Die Fahrt über die Oberwesterwaldbahn wäre damit nur 3 km länger, aber 39 € teurer als über die rechte Rheinstrecke zu fahren. Dazu kommen noch folgende Hindernisse:
- der Zug müsste in Au und Altenkirchen jeweils Kopf machen, inkl. Lokumfahrt und neuer Bremsprobe.
- damit ist bereits die reine Beförderungszeit für die Westerwald-Route erheblich länger
- hinzu kommt, dass die Oberwesterwaldbahn wochentags durch vertakteten Nahverkehr belegt ist. Durch die Kreuzungsaufenthalte erhöht sich die Beförderungszeit stark, im Rahmen der Gesamtstrecke geschätzt um mindestens 2 Stunden.
- im Verlauf der Westerwald-Route wären mehrere starke Steigungen zu überwinden, damit erhöht sich auch der Kraftstoffverbrauch
Durch die längere Fahrzeit vergrößern sich für den Unternehmer damit die variablen Kosten (Personaleinsatz, Kraftstoff), ohne dass durch den Fahrweg für ihn ein entsprechender monetärer Gegenwert entstünde.
Aus diesen Gründen werden Trassen mit einem derartigen Laufweg von den EVU üblicherweise nicht bestellt. Die DB Netz wird auch derartige Trassen nicht von sich aus dem Kunden zuweisen, da man einerseits an die Kundenbestellungen gebunden ist, andererseits sonst ein für den Kunden schlechteres Produkt zu einem höheren Preis anbieten würde. Das wäre in etwa so, als würde einem der Tankwart an der Tankstelle sagen: "Ich verkaufe Ihnen Super Plus statt Normalbenzin, das ist ja teurer für Sie, aber wir haben noch mehr Super Plus da als Normalbenzin..."
Hinweis:
Alle Preisangaben stammen aus dem Trassenpreisauskunfts-Programm der DB Netz, verfügbar unter
http://www.dbnetz.de/site/shared/de/dat ... __2010.zip