Ungewöhnlich deutliche Kritik übt der Verbandsdirektor des SPNV-Nord in einer am heutigen Samstag
17. Juni 2023 veröffentlichten Presse-Information, die ich als Vollzitat nachfolgend einstelle (Hervor-
hebungen von mir):
Fahrgäste im Schienennahverkehr an der Mosel erleben schlimme Zeiten -
SPNV-Nord höchst unzufrieden mit Baufahrplänen der DB Netz AG im Regionalbereich Mitte
Die vermutlich seit sehr langem bekannten und schon technologisch gebundenen Baumaßnahmen an der
Moselstrecke zwischen Trier und Koblenz führen zu starken Frust bei den Fahrgästen, aber auch beim
Besteller SPNV-Nord und den Eisenbahnverkehrsunternehmen DB Regio und Moselweinbahn.
Die Bauarbeiten an der Moselstrecke haben sowohl Totalsperrungen als auch eingleisige Sperrungen
zur Folge. Dies ist für das Bauen sicherlich notwendig. Alle größeren Einschränkungen der Kapazität
müssen aber auch in die Fahrpläne eingearbeitet werden. Die zuständige DB Netz AG traut sich nun,
3 Wochen vor der Durchführung [??? müsste 3 Tage heißen s.u.] der Bauarbeiten und 21 Wochen später
als das Regelwerk vorsieht, den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) einen Baufahrplan zu diktieren,
der einfach nur schlecht ist. Und dies ohne jegliche Abstimmungen mit den EVU oder dem SPNV-Nord.
So fällt der beliebte RE 1 zwischen Wittlich und Koblenz einfach aus und muss über 3 Wochen mit Bus-
sen gefahren werden. Angeblich sei auf der Schiene nur noch Platz für die RB 81 vorhanden. In einer
Korrektur von DB Netz wurde die RB 81 nachträglich dann aber auch noch zwischen Trier und Bullay in
den Ausfall gesetzt, damit Vorranggüterzüge durchfahren können. Der SPNV-Nord hätte noch andere
Varianten diskutieren oder vorschlagen wollen, aber dies wurde durch DB Netz abgelehnt. Auch hier
hat der Infrastrukturbetreiber einen „Letztentscheid“.
Die katastrophale Leistung im Baufahrplan der DB Netz AG versuchen die MitarbeiterInnen bei den EVU
an der Mosel noch zum Besten für die Fahrgäste zu wenden, was aber leider in dieser unsäglich kurzen
Zeit nur noch bedingt möglich ist. Die DB Regio als Betreiberin der Moselzüge hat am Freitag den 16.06.
die baubedingten Fahrplanänderungen veröffentlicht und auch in die elektronischen Auskünfte eingear-
beitet. Die Moselweinbahn zwischen Bullay und Traben-Trarbach wird noch nachziehen. Der SPNV-Nord
dankt ausdrücklich den Fachkräften bei DB Regio, der Moselweinbahn und den Busunternehmen für die
kurzfristigen Planungen.
Viele durch die bisherigen Bauarbeiten mit den Bus-Ersatzverkehren schon arg unzufriedene Fahrgäste
werden jetzt bis Mitte Juli weitere Qualen in der Mobilität entlang der Moselstrecke erleiden, weil die
DB Netz die fahrplantechnische Planung der nötigen Baumaßnahmen nicht mehr beherrscht.
Verbandsdirektor Thorsten Müller: „Man kann den Eindruck nicht loswerden, dass dies dem Schienen-
Monopolisten auch manchmal egal ist. Seit Monaten oder Jahren hat der Bereich zu wenig Personal und
viel zu viele Baumaßnahmen. Dann passieren auch noch Fehler. Offensichtlich mangelt es auch an einer
Qualitätsprüfung, denn sonst könnten nicht solche groben Fehler zu Lasten der Fahrgäste passieren.“
Am Vorabend der Hochleistungskorridore an beiden Rheinstrecken mit mehrmonatigen Sperrungen macht
die aktuelle Leistung im Bereich Baufahrplan nur Angst. Gerade im Bereich des Baufahrplans fordert der
SPNV-Nord eine schnelle Rückkehr zu guter und pünktlicher Arbeit, die man sonst durchaus von DB Netz
kennt. Und weil es noch nicht ausreicht, geht es nach dem 14.07.23 wieder mit Baumaßnahmen weiter,
die jetzt immerhin 4 Wochen vorher angekündigt wurden – und schon wieder müssen in großer Eile Ersatz-
konzepte erstellt werden.
Ein kleiner Lichtblick zeichnet sich ab: Bis zu 30 neue Fachkräfte sollen in dem Bereich eingestellt werden.
Aber bis die dann da sind, sich in diese sehr komplizierten Sachverhalte der Baufahrplanung eingearbeitet
und den großen Stau an Maßnahmen abgearbeitet haben, werden noch viele Wochen vergehen. Hoffentlich
halten die vorhandenen Fachkräfte noch durch, bis diese besseren Zeiten erreicht werden.
Die Fahrgäste informieren sich bitte über die Änderungen, wobei die EVU versuchen, immer ganz aktuelle
Informationen in den elektronischen Auskünften zu haben. Die Fahrgäste werden auch um Geduld gebeten.
(Link wird nachgereicht, sobald verfügbar)
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Vorausgegangen war am Mi. 14. Juni 2023, 18:00 Uhr die nachfolgende PM der DB-Pressestelle Frankfurt:
Instandsetzung auf der Moselstrecke:
Ab 17. Juni Einschränkungen im Zugverkehr zwischen Trier und Koblenz
Anspruchsvolle Bauarbeiten auf denkmalgeschützter Doppelstockbrücke, im Prinzenkopftunnel und auf
Pündericher Viadukt machen Streckensperrung erforderlich • Zwischen Bullay und Pünderich Austausch
von 7.200 Tonnen Schotter und rund 3.400 Schwellen • DB setzt für Fahrgäste der RE 1 und RB 81 bis
14. Juli ersatzweise Busse ein
Aufgrund dringender Instandsetzungsarbeiten auf der Moselstrecke kommt es ab 17. Juni zu Einschränkungen
im Zugverkehr zwischen Trier und Koblenz. Die DB erneuert zwischen Bullay und Pünderich rund 7.200 Tonnen
Schotter und tauscht 3.400 Schwellen aus. Die Arbeiten sind dabei hoch komplex und können nur bei einer
Sperrung durchgeführt werden, da die Strecke über die denkmalgeschützte Doppelstockbrücke Bullay, das
Pündericher Viadukt und durch den Prinzenkopftunnel führt. Die Hauptarbeiten erledigen die Bauteams haupt-
sächlich nachts. Dabei wird an einem Gleis gearbeitet, das Nachbargleis wird für die An- und Ablieferung der
Materialien benötigt. Jeweils rund 80 Wagen sind dann im Pendel für alten und neuen Schotter sowie die Lie-
ferung und Entsorgung der Schwellen unterwegs. Tagsüber spült die DB zudem Tieferentwässerungsanlagen.
Zusätzlich werden Stopf- und Schweißarbeiten an mehreren Weichen durchgeführt.
In Folge der anspruchsvollen Arbeiten entfallen ab dem 17. Juni die Züge der Linie RE 1 zwischen Wittlich Hbf
und Koblenz Hbf jeweils in den Abendstunden ab 23:00 Uhr.
Zwischen dem 21. Juni abends bis einschl. 14. Juli früh verkehren zudem die Züge der RE 1 zwischen Wittlich
Hbf und Koblenz Hbf nicht auf der Strecke. Im gleichen Zeitraum fahren auch die Züge der Linie RB 81 zwischen
Trier Hbf und Bullay nicht. Reisende von und nach Koblenz Hbf können alternativ den Schnellbus über die Auto-
bahn ohne Halt zwischen Wittlich und Koblenz Hbf nutzen. Für Fahrgäste der Linie RB 81 hat die DB einen Bus-
ersatzverkehr eingerichtet, der alle Halte zwischen Trier Hbf und Bullay bedient.
Die Züge der RB 83 Luxemburg–Trier–Wittlich und die RE-Züge 5106/5107 Luxemburg–Trier–Koblenz–Düsseldorf
verkehren im Bauzeitraum weiter planmäßig.
Im Anschluss an die Baumaßnahme finden weitere Instandhaltungsarbeiten auf der Moselstrecke statt. Hierüber
wird die Deutsche Bahn noch einmal gesondert informieren.
https://www.deutschebahn.com/de/presse/ ... z-10760684#
SPNV-Nord rügt Chaos-Baustellen-Planung von DB Netz
Philipp Nagl hat bei DSO Stellung bezogen
Die Veröffentlichung der beiden Meldungen in den DSO News hat eine Reaktion vom Vorstandsvorsitzenden
der DB Netz AG, Dr. Philipp Nagl, ergeben. Er schreibt:
selbst aktiv ist (und schon in seiner Zeit bei DB Fernverkehr für Informationen und Klarstellungen sorgte) - hier
die Meldung von seinem Wechsel an die Spitze der DB Netz AG vom August 2022:
https://www.deutschebahn.com/de/presse/ ... er-8534120
.
der DB Netz AG, Dr. Philipp Nagl, ergeben. Er schreibt:
Zur Person von Philipp Nagl - der wohl der einzige Vorstandsvorsitzende des DB Konzerns ist, der bei DSO auchDie Baumaßnahme war langfristig angemeldet und ist auch unbedingt erforderlich. Leider wurde
sie in der Baufahrplanerstellung nicht korrekt behandelt, der Fall wurde auch umfassend aufge-
arbeitet. Das ist keine Entschuldigung, bei den hunderten von Baumaßnahmen, die in jeder Bau-
fahrplanabteilung behandelt werden, kann es vorkommen. Am meisten ärgern sich die Kolleginnen
und Kollegen darüber, dass es vorgekommen ist.
Eine Absage der Maßnahme ist aufgrund der technischen Erforderlichkeit keine Option gewesen,
also muss sie nun durchgeführt werden trotz der verspäteten Information.
Die jahrzehntelange Unterinvestitionen in das deutsche Schienennetz führt dazu, dass der Nachhol-
bedarf enorm ist. Gerade die Generalsanierungen sind dazu da, dass der Bedarf an Einzelsperrpausen
gesenkt werden kann weil ansonsten die Zahl der Baustellen einfach zu viel wird. Da trügt ja der Ein-
druck auf vielen Strecken nicht, dass einfach immer wieder lange Serien von Baustellen vorkommen.
selbst aktiv ist (und schon in seiner Zeit bei DB Fernverkehr für Informationen und Klarstellungen sorgte) - hier
die Meldung von seinem Wechsel an die Spitze der DB Netz AG vom August 2022:
https://www.deutschebahn.com/de/presse/ ... er-8534120
.
Re: SPNV-Nord rügt Chaos-Baustellen-Planung von DB Netz
Mich würde einmal interessieren, welche Expertise ein "profunder Kenner der Eisenbahn" im Rang des Vorstandsvorsitzenden einer DB Netz AG vorweisen muss. Wenn hier die Devise "wie der Herr, so's Gescherr" gilt, dann kann es nicht allzu weit her sein, mit diesem Fachwissen. Ich kenne Aussagen von altgedienten Berufseisenbahnern aus der Baubetriebsplanung, die mir vertraulich gesteckt haben, dass die DB Netz AG es mit Ihren "Experten" verlernt hat, unter dem rollenden Rad überhaupt noch ordentlich zu bauen. Baubetriebliche Zugregelungen erfordern ein Höchstmaß an Erfahrung und Fertigkeiten im Bahn- aber auch im Baubetrieb. Schaut man sich das Heer an Bachelors und Fachwirten oder Quereinsteigern an, die oftmals nicht einmal das Alter von 30 Lebensjahren erreicht haben und dann bereits in solchen Ämtern mit Spitzengehältern verantwortlich tätig sind, dann wundert es kaum, dass man nur noch eines hinbekommt: Zugbetrieb einstellen, Strecke sperren, Schienenersatzverkehr und ungestört bauen. Ich kannte noch Eisenbahner, die den Baubetrieb beherrschten und wo man ganze Streckenumbauten mit dem Umbauzug Plasser (UBP-Verfahren) oder mit dem Umbauzug Matisa (UBM-Verfahren) im zeitweise eingleisigen Betrieb kaum bemerkte, weil der Betrieb und auch der Fahrplan sich noch eng abstimmten und Hand in Hand arbeiteten. Pünktlichkeit hatte einen höheren Stellenwert, als die heutzutage künstlich herbeigerechnete Schnelligkeit, die dank anhaltender Verspätungen nie erreicht wird. Man baute früher im Zuge des Baubetriebskalenders Jahre im Voraus in den Baufahrplan den nötigen Puffer ein, den die Beeinträchtigungen durch die Baustellen nun einmal mit sich brachten. Aber heute beharrt jeder auf seinen Maximalforderungen und am Ende fallen Züge aus, weil die Verspätungen ins Unendliche schießen und ausgefallene Züge verursachen ja bekanntlich keine Verspätungen mehr. Schlussendlich stimmt die Statistik und der Kunde glotzt in die Röhre.