vor mehr als 15 Jahren hatte ich hier bereits drei kleinere Berichte über die Bahnstrecke von Bingen (Rhein) nach Alzey eingestellt, die es aus heutiger Sicht endlich verdient haben, durch neu digitalisierte Bilder und erhebliche Erweiterungen ersetzt zu werden. Allein das Scannen von Dias erbrachte mehr als 100 Bilder in zeitgemäßer Qualität. Bei dieser Menge bot sich eine Aufteilung in 5 Beiträge an, die etwa im Wochenabstand veröffentlicht werden sollen.
Bingen – Alzey ist das im Jahr 1870 eröffnete nördliche Teilstück der sog. Rheinhessenbahn, die bis Worms reicht; Bingen – Armsheim am 29. Juni und Armsheim – Alzey am 1. November. Die Rheinhessenbahn ist neben den Streckenast, der von Armsheim nach Mainz verläuft, auch heute noch in Betrieb.
Zur Orientierung zunächst ein Blick in die Kursbuchkarte des Sommers 1958.

Die Direktionskarte aus dem Jahr 1980 ist da schon etwas detaillierter:

Die Linie beginnt in Bingen als Nebenbahn. Sie gewinnt aber rasch an Bedeutung, weil sich zu ihr zwei Hauptbahnen gesellen: - Zunächst eine zweigleisige Hauptstrecke von (Mainz -) Gau Algesheim nach Bad Kreuznach sowie - die bereits oben erwähnte Strecke von Mainz nach Armsheim.
Dadurch findet man auch noch heute die beiden zweigleisigen Abschnitte von Büdesheim-Dromersheim bis Gensingen-Horrweiler sowie das Stück von Armsheim bis Alzey.
Nun noch schnell ein Blick in den Buchfahrplan, bevor die Reise losgeht.


Bild 1:
In den 1980er Jahren waren die Wormser Akkutriebwagen der Baureihe 515 sehr häufig auf der Rheinhessenbahn vertreten. So sieht man hier am 8. Juli 1981 den 515 547 sowie einen mir unbekannten Steuerwagen 815 in Bingen (Rhein) auf Gleis 20, wo grundsätzlich die Fahrt auf die Rheinhessenbahn begann. Nur die schon ab Bingerbrück eingesetzten Züge fuhren in Bingen auf Gleis 1 ein.
Das soll auch Stichwort sein, um sich einen schematisierten Gleisplan des Bahnhofs Bingen (Rh) vom Beginn der 1990er Jahre – also vor den großen Kahlschlägen Mitte der 90er Jahre (Inbetriebnahme des ESTW Bingen) und dann 10 Jahre später (Landesgartenschau Bingen) – anzuschauen:

Scan 1a
Es bleibt dunkel ...

Bild 2:
Viertel vor Sieben am eiskalten 3. Januar 1985: 815 740 mit einem 515 werden in 5 Minuten als 6859 (Bingen (Rh) 6.50 – Worms – Bensheim 8.44) starten. Auf Gleis 20 in Bingen herrscht an diesem Ferientag noch eine Art nächtliche Ruhe. Aber der geheizte Zug lockt zum Einsteigen ein ...

Bild 3:
Drei Stunden später wartet an dieser Stelle 515 105 als 6865 (Bingen 9.46 – Worms 11.42).
Daneben ruht der 515 005.

Bild 4:
Hier nochmals der pausierende Wormser 515 005.

Bild 5:
An dem warmen Frühlingstag 25. Mai 1988 fährt die Darmstädter 212 359 mit dem 6868 (Alzey 13.33 – Bingen 16.14) im Zielbahnhof ein.

Bild 6:
Kurze Zeit später hat sich der Wendezug 6877 (Bingen 14.22 – Worms 16.14) mit der Schublok 212 359 auf die Fahrt ins Rheinhessische vorbereitet. Andreas nutzte eine rückwärtige Böschung, um noch einmal die damalige Großzügigkeit des Binger Bahnhofs zu dokumentieren.

Bild 7:
19 Jahre später – am 9. April 2007 – dann die ernüchternde Tristesse: Bis auf die Gleise 1 bis 3 sowie 20 (jetzt „44“) war alles weg!

Bild 8:
Bei der Ausfahrt der „Rheinhessen-Züge“ auf dem Gleis rechts sah es am 7. August 1981 um 17.15 Uhr noch so ansprechend aus. Und im Stellwerk „Bo“ hatte alles seine Ordnung…. bis 1996 ….

Bild 9:
Anders am 9. April 2007: Unästhetische Kahlschlag – man glaubt kaum, dass es sich um die gleiche Stelle von Bild 8 handelt.
Bloß weg hier! Vorbei am bereits vor vielen Jahren aufgegebenen Haltepunkt „Kempten b. Bingen“ dann in einer 90 Grad-Kurve nach Süden; die folgende Grafik aus der „Sammlung von Übersichtsplänen wichtiger Abzweigungsbahnhöfe der Reichsbahn“ verdeutlicht das.

Scan 9a

Bild 10:
Am 1. April 1971 stand ich an der Stelle, wo die Rheinhessenbahn die 1945 außer Betrieb genommene Verbindungskurve zwischen der Abzweigstelle Rochusberg und dem Bahnhof Ockenheim überquerte. Das düstere SW-Foto vermittelt eindrucksvoll die längst aufgegebene Planung, diesen Abschnitt einmal zweigleisig ausbauen zu wollen.
Die erste Brücke vor uns trägt die von links kommende zweigleisige Hauptbahn von Mainz nach Bad Kreuznach. Etwa einen Kilometer später wird sie sich mit unserer Linie vereinigen. Die zweite Brücke dient der Querung eines Feldweges.

Bild 11:
Das Empfangsgebäude des früheren Bahnhofs Büdesheim-Dromersheim am 14. Mai 1979.
Da kam ich leider zwei Jahre zu spät: Am Samstag, den 21. Mai 1977, fuhr hier letztmalig um 17.48 Uhr ein planmäßiger Reisezug ab: der 8316 von Gau Algesheim (ab 17.38) nach Bad Kreuznach (an 18.04).
Und so muss früher (1922) die Gleislage des Bahnhofs Büdesheim-Dromersheim ausgesehen haben:

Scan 11a

Bild 12:
Von der Straßenbrücke der L 414 hatte man am 10. Mai 1980 diesen Blick über das Gleisfeld nach Norden. Im Hintergrund ist das bereits auf der anderen Rheinseite liegende Rheingaugebirge auszumachen.

Bild 13:
Die Anlage diente auch mal dem Güterverkehr (Bild vom 14. Mai 1979).

Bild 14:
So kann man auch heute noch in Büdesheim-Dromersheim die Züge von Bingen heranfahren sehen. Die beiden Gleise links gehören zur Hauptbahn von Gau Algesheim nach Bad Kreuznach. Früher liefen Haupt- und Nebenbahn parallel weiter bis Gensingen-Horrweiler; es sah also wie eine dreigleisige Strecke aus. Heute ist aus dem Bahnhof eine Abzweigstelle geworden, indem man das Binger Gleis direkt hinter der Fotostelle in die Hauptbahn einmünden lässt.
Hier sehen wir den 515 623 am 14. Mai 1979 als 6875 (Bingen (Rh) 13.30 – Worms 15.00).
Noch steht das Gleissperrsignal …….

Bild 15:
Ein Jahr später – am 10. Mai 1980 – die Durchfahrt des 515 547 als 6873 (Bingerbrück 14.50 – Bingen (Rh) – Worms 16.12).

Bild 16:
Damals noch internationales Flair in Büdesheim-Dromersheim: Am 10. Mai 1980 zog 218 374 den aus SNCF- und DB-Beständen gebildeten D 256, der von Frankfurt (Main) über Saarbrücken nach Paris Est verkehrte. Einzelheiten zur Zugbildung können dem nachfolgenden Reihungsplan entnommen werden.

Scan 16a
Soweit der erste Teil. In wenigen Tagen geht es mit Gensingen-Horrweiler weiter.
Es grüßt Euch
Günter