Resita, Oravita, Anina ...
Salut!
Nein, bei Resita, Oravita und Anina handelt es sich nicht um exotische Schönheiten, die ich während des Rosenmontagszuges kennen gelernt habe, sondern - wie der Kenner sicher bereits weiß – um Städte in Rumänien.
Und um eben jenem Rosenmontagszug zu entkommen, führte eine Kurzreise über Karneval in diesem Jahr nach Rumänien. Nicht besonders standesgemäß, aber dafür zeitsparend, erfolgte die Anreise per Flugzeug nach Timisoara.
Nach einer durchwachten Nacht im mit einheimischen Volksweisen beschallten Hotelzimmer, führt der Weg am Sonntagmorgen über vereiste Straßen und Gehweg zum Bahnhof Timisoara Nord.
Schnell am Regiotrans-Schalter die Fahrkarten nach Resita gekauft und hinaus geht es auf die frostigen Bahnsteige.
Neben Caravellen (ex SNCF) nach Nerau und Cruceni sowie einer Ferkeltaxe nach Jimbolia, verkehrt ausgerechnet der liebevoll mit Graffiti verzierte Zug nach Resita.
Los geht es durch den noch trüben Morgen. In Jebel wartet der Anschlusszug nach Giera ebenfalls in Form einer Caravelle. Hinter Voiteni zweigt die Strecke nach Resita von der nach Stamora Moravita ab und in Gataia erwartet den Bahnreisenden der erste Höhepunkt. Eine kleine Malaxa-Parade hat sich dort eingefunden, zu der noch ein weiterer 77er auf seiner Fahrt von Buzias nach Jamu Mare hinzustößt.
Die Triebwagen der Baureihe 77 bedienen von dort aus - im Durchlauf - die Strecken nach Buzias und Jamu Mare. Binnen weniger Minuten treffen Züge aus mehreren Himmelsrichtungen ein und verlassen den kleinen Knotenbahnhof auch wieder.
Weiter geht die Fahrt auf der nun landschaftlich immer interessanter werdenden Strecke nach Resita. Bei der Ankunft dort erwartet uns die Sonne sowie ein hübsch-hässliches Empfangsgebäude.
Bis zur Rückfahrt des nun verstärkten Zuges bleibt noch genug Zeit für einen Spaziergang zum Dampflokmuseum in Resita. Die in einem kleinen Park ausgestellten Lokomotiven wurden in der örtlichen Dampflokfabrik gebaut und erinnern nunmehr an die vermeintlich gute alte Zeit.
Pünktlich und gut besetzt tritt der Zug gegen Mittag die Rückfahrt nach Timisoara an. Bis Berzovia bleiben wir ihm treu und steigen dort um in den Regiotranszug nach Oravita.
Das Amerika in Sachsen liegt, hat sich ja bereits herumgesprochen, dass man Tirol aber im Banat findet, ist vielleicht für den einen oder anderen neu. Immerhin, hier ist der Beweis.
In Oravita angekommen, steht bereits der Zug nach Anina zur Abfahrt bereit. Die Lok 69-0003-9 und ihre beiden Personenwagen verschwinden alsbald laut pfeifend in die Berge.
Wir aber gehen ein paar Meter zum Hotel und kehren zur Abfahrt des nachmittäglichen Zuges nach Iam wieder zum Bahnhof zurück.
Die Strecke Oravita – Iam ist Teil der bereits am 20.08.1854 eröffneten Bahnstrecke nach Bazias (Donauhafen). Mehrere Marmortafeln weisen vor Ort auf diesem bedeutsamen Umstand hin.
Nach einer Fahrt durch die eher eintönige Landschaft des Banats wird der Endbahnhof nahe der Grenze zu Serbien erreicht. Hier heißt es Umsetzen, gilt es auf dem Umlauf der Lok mitgeführtes Feuerholz zu entladen und Zeit für einen kleinen Plausch mit den wenigen Fahrgästen ist auch noch. Man kennt sich eben, am “Ende der Welt“.
Der Schaffner ist froh, ausländische Gäste begrüßen zu dürfen und überreicht die gekauften Fahrkarten jeweils mit einem freundlichen “Thank you very much.“
In Oravita stapfen wir durch den Schnee zum Hotel. Die Nacht wird kurz ...
06:30 Uhr am Bahnhof von Oravita. Es ist noch dunkel und im Schein der wenigen Lampen sieht man den Schnee zu Boden rieseln. Die wenigen Fahrgäste nach Anina haben es sich im ersten der beiden Wagen gemütlich gemacht. Nur in diesem wird geheizt, wie uns der freundliche Schaffner erklärt.
Und wie dort geheizt wird! In einem kleinen Raum in der Wagenmitte befindet sich ein eiserner Ofen der inmitten von Kohlestücken steht. Während der Fahrt wird immer mal wieder eine Schippe hinein geworfen und so bleibt es angenehm warm.
Um 06:47 Uhr setzt die blaue Stunde ein und der Zug macht sich auf den Weg ins 600 Meter hoch gelegene Anina. Gemächlich geht es hinauf, die ersten zwei Viadukte werden passiert, während sich unten im Tal der Bauer mit seinem Pferdewagen durch Schnee und Eis kämpft.
Die Reisenden versammeln sich regelmäßig im Vorraum und rauchen ihre Zigaretten. Eine kleine Flasche kreist und mit ihr steigt die Stimmung.
Der Schaffner weißt uns auf eine ehemalige Uranmine hin, die wir in einem engen Bogen umrunden. Wegen der geringen Halbmesser verkehren auf der Bergstrecke noch die kürzeren und älteren Personenwagen.
Kleine Stationen, oftmals nur ein Schild im tiefen Schnee, tauchen auf und verschwinden wieder im Flockenwirbel. Arbeiter mit Schaufeln steigen zu und schon bald im Nirgendwo wieder aus.
Schroff fällt die Wand unmittelbar neben der Strecke ins Tal hinab und immer steiler windet sich die Strecke durch den Wald aber auch über beeindruckende Brücken und durch Tunnels nach oben.
Dann haben wir eine Hochebene erklommen und vorbei an den Betonruinen einer Verladeanlage erreicht der Zug mit leichter Verspätung Anina, das ehemalige Steierdorf.
Mehr Impressionen der Strecke findet man u. a. hier: http://www.oravita-anina.home.ro/
Im knietiefen Schnee heißt es schnell nach vorne zu stapfen, um die Lok noch vor dem Zug ablichten zu können. Rasch wird umgesetzt und im Vordergrund der orthodoxen Kirche wieder vor den Zug gespannt.
Schnell werden noch ein paar Säcke verladen, Kohlen in den Ofen geschippt und schon geht die Rückreise durch das Winterwunderland zurück ins Tal. Auch für die 33 Kilometer der Talfahrt benötigt der Zug planmäßig 119 Minuten.
Ob der schlechten Witterungsverhältnisse werden es an diesem Tag sogar noch ein paar Minuten mehr. Aber bei der Rückankunft in Oravita ist der Regiotranszug aus Berzovia auch noch nicht eingetroffen, so das der Anschluss problemlos klappt. Nach dem Umstieg dort führt die Fahrt bis nach Timisoara Sud. Hier verbietet der Stationsvorsteher zwar wortreich das Fotografieren des Bahnhofsschildes, gegen meinen zweiten Versuch das Kleinod auf den Chip zu bannen ist er dann aber machtlos.
Auf dem Programm steht nun die Fahrt nach Stamora Moravita unmittelbar an der Grenze zu Serbien. Statt dem erhofften Malaxa-Triebwagen nährt sich jedoch “nur“ eine Ferkeltaxe.
Junge, wie lange ist denn die letzte planmäßige Fahrt in so einem Gefährt schon her?
Also rein in die gute Stube und erst mal gestaunt, wie sehr das Gefährt doch gelitten hat. Alle Polster wurden bereits ersetzt, vieles ist mit Klebeband fixiert, einige Fenster gerissen. Schade!
Der Schaffner kann mit den fremden Fahrgästen auch so recht nichts anfangen. Fahrkarten wollen die kaufen. Viel lieber kassiert er etwa ein Viertel des eigentlich fälligen Fahrpreises in seine Manteltasche. Beleglosen Zahlungsverkehr nennt man das wohl ...
Die Fahrgäste, die den Zug bis nach Stamora Moravita benutzen, kann man an einer Hand abzählen und schnell verschwinden sie in Richtung des Dorfes.
Dabei herrscht im kleinen Grenzbahnhof beinahe Reichsbahnatmosphäre. Neben der Ferkeltaxe steht auch Ludmilla 92 53 0 651009 8 (ex GB Traktion Halle) im Bahnhof und hat dort einen Güterzug aus Serbien am Haken.
Lediglich 60-0809-8 hält die rumänischen Farben hoch. Sie wartet auf den Schnellzug aus Belgrad nach Bucuresti, um diesen am Abend bis nach Timisoara zu bringen.
Und dort hin geht nun auch unsere Fahrt. In Voteni kreuzen wir den Gegenzug, der natürlich diesmal aus einem 77er Pärchen besteht und in Jebel gelingt noch eine Aufnahme vom zuvor bis dort mitgeführten 77 970, der den einzigen Personenzug des Tages von und nach Liebling bildet.
Nach der Ankunft in Timisoara Nord noch ein letztes stimmungsvolles Bild mit 82-0427-3 vor dem Zug (vierteilige Doppelstockgarnitur) nach Jimbolia,
bevor es am nächsten Tag nach einer Stadtbesichtigung (u. a. orthodoxe Kathedrale und katholischer Dom)
über den Wolken zurück nach Deutschland geht.
Noch ein Nachtrag für Malaxa-Freunde. Vor Ort wurden folgende Züge mit den Triebwagen gesehen:
14405 RT Buzias – Jamu Mare
14129 RT Jebel - Giera
9665 Timisoara Nord – Stamora Moravita
9789 Jebel - Liebling
9667 Timisoara Nord - Stamora Moravita
9597 Timisoara Nord – Jimbolia (Schlussläufer) vermutlich weiter als 9755 n. Ionel.
So endet also eine interessante Bahnreise. Es gab vor Ort keinerlei Probleme, alle Menschen sind nett und hilfsbereit.
Die Lebenssituation vor Ort ist allerdings mit unseren Augen betrachtet oftmals “anders“.
Am besten beschreibt es vielleicht die Aussage eines rumänischen Schriftstellers, der meinte: “Rumänien ist ein trauriges Land voller Humor.“
La revedere!
Herbert
[RO] Resita, Oravita, Anina ... m. 28 B.
- streckenbummler
- Hauptschaffner A4
- Beiträge: 135
- Registriert: Do 29. Mär 2007, 21:40
[RO] Resita, Oravita, Anina ... m. 28 B.
Zuletzt geändert von streckenbummler am So 21. Feb 2010, 00:27, insgesamt 2-mal geändert.
Re: [RO] Resita, Oravita, Anina ... m. 28 B.
Salut Herbert!
Herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag
von Deiner außergewöhnlichen "Anti-Kar-
nevalsreise"
Unser Auslandsforum hat in letzter Zeit
enorm gewonnen mit den sehr interes-
santen Reiseberichten aus dem europä-
ischen Südosten!
Gruß Hans-Peter
Herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag
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nevalsreise"
Unser Auslandsforum hat in letzter Zeit
enorm gewonnen mit den sehr interes-
santen Reiseberichten aus dem europä-
ischen Südosten!
Gruß Hans-Peter
Re: [RO] Resita, Oravita, Anina ... m. 28 B.
Interessante Einblicke in ein mir unbekanntes Land!!
Hoffentlich gibt die hohe Bilderanzahl kein Gemecker der so aufmerksamen Admins hier im Forum. Ich hab dafür schon mal verbale Prügel hier bezogen - dafür gibt es dann auch eben keine Bilder mehr...
Hoffentlich gibt die hohe Bilderanzahl kein Gemecker der so aufmerksamen Admins hier im Forum. Ich hab dafür schon mal verbale Prügel hier bezogen - dafür gibt es dann auch eben keine Bilder mehr...
Gruß Matthias
Aktuelle Bilder von mir auf FLICKR: https://www.flickr.com/photos/66062241@ ... 1037244826
Aktuelle Bilder von mir auf FLICKR: https://www.flickr.com/photos/66062241@ ... 1037244826
Re: [RO] Resita, Oravita, Anina ... m. 28 B.
Hallo zusammen,
wie man sich sicher denken kann, habe auch ich diesen Beitrag genossen, nein, inhaliert!
Ist zwar sicherlich nicht jedermanns Sache, so ein Empfangsgebäude wie in Timisoara Sud (doch man beachte auch hier die Toilette - in welchem Zustand auch immer die sein mag, es ist eine da!) oder ein Kohleofen im Waggon, aber trotz aller Unbillen ist so ein Ausflug jedes Mal eine Reise in eine andere Welt, in die der Eisenbahn. Ich kenne die CFR nur als Randerscheinung in Form des D-Zugs, mit dem ich von Balaton gelegentlich nach Budapest gefahren bin. Ende der 90er wurden die alten Wagen durch neue ersetzt (Bei den alten fehlte so ziemlich alles, was man daheim auch verwenden kann: Klobrillen, Türschlösser, Spiegel, Griffe, Gardinen, Kleiderhaken, elektrische Schalter usw...doch auch die neuen Wagen lösten sich von Jahr zu Jahr mehr auf... ). Man darf da nicht so empfindlich sein. In Ungarn gehörte es damals am Balaton zum guten Ton, daß auch bei 85 km/h die Einstiegstüren zur Frischluftversorgung herangezogen wurden.... Da ging man eben erst dahin, wenn man aussteigen wollte, und der Zug merklich verlangsamt hatte - oder wie ich, man paßte halt entsprechend auf, und genoß den Ganzkörperfahrtwind mit festem Griff beider Hände, weil nur wenige Meter weiter vorn eine NoHAB zeigte, was sie kann, und die Luft über dem Steppensee unter der milden Abendsonne gerade unter die 30°-Grenze rutschte....herrrlich!
HPs Worten kann ich also entnehmen, daß ich die Licka-Serie fortsetzen kann (2 Tage fehlen noch) - und über NoHABs am Balaton mal etwas vorbereiten darf....
wie man sich sicher denken kann, habe auch ich diesen Beitrag genossen, nein, inhaliert!
Ist zwar sicherlich nicht jedermanns Sache, so ein Empfangsgebäude wie in Timisoara Sud (doch man beachte auch hier die Toilette - in welchem Zustand auch immer die sein mag, es ist eine da!) oder ein Kohleofen im Waggon, aber trotz aller Unbillen ist so ein Ausflug jedes Mal eine Reise in eine andere Welt, in die der Eisenbahn. Ich kenne die CFR nur als Randerscheinung in Form des D-Zugs, mit dem ich von Balaton gelegentlich nach Budapest gefahren bin. Ende der 90er wurden die alten Wagen durch neue ersetzt (Bei den alten fehlte so ziemlich alles, was man daheim auch verwenden kann: Klobrillen, Türschlösser, Spiegel, Griffe, Gardinen, Kleiderhaken, elektrische Schalter usw...doch auch die neuen Wagen lösten sich von Jahr zu Jahr mehr auf... ). Man darf da nicht so empfindlich sein. In Ungarn gehörte es damals am Balaton zum guten Ton, daß auch bei 85 km/h die Einstiegstüren zur Frischluftversorgung herangezogen wurden.... Da ging man eben erst dahin, wenn man aussteigen wollte, und der Zug merklich verlangsamt hatte - oder wie ich, man paßte halt entsprechend auf, und genoß den Ganzkörperfahrtwind mit festem Griff beider Hände, weil nur wenige Meter weiter vorn eine NoHAB zeigte, was sie kann, und die Luft über dem Steppensee unter der milden Abendsonne gerade unter die 30°-Grenze rutschte....herrrlich!
HPs Worten kann ich also entnehmen, daß ich die Licka-Serie fortsetzen kann (2 Tage fehlen noch) - und über NoHABs am Balaton mal etwas vorbereiten darf....