(USA) eine wahre Geschichte von 1945

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bigboy4015
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(USA) eine wahre Geschichte von 1945

Beitrag von bigboy4015 »

In meinem Forum kam mal wieder eine Frage über den so großen Big Boy...

Kommen wir aber zum Baureihe um die es geht:
Die von 1941 bis 1948 gebauten 60 H-8 der CHESAPEAKE & OHIO bzw die 8 der etwas leichteren AG der VIRGINIAN, bei der C&O ALLEGHENY, bei der VGN als BLUE RIDGE Klasse bezeichnet.

Bild
(c: Gemeinfreies Foto von Wikipedia)
Ein paar Infos zur Lok http://www.steamlocomotive.com/allegheny/

Wenigstens haben zwei der riesigen Loks im Museum überlebt, eine im B&O Railroad Museum im Baltimore und eine im Henry Ford Museum in Dearborn

Achsfolge 1-C-C-3, und wie die Big Boy sind auch diese Loks KEINE Mallet-Loks, die Zylinder haben alle die gleichen Abmessungen und der Dampf wird entsprechend nur einmal genutzt. Im amerikanischen nennt man diese Loks SIMPLE ARTICULATED.
Der Einfachheit halber habe ich die US Gewichte gelassen, 1 ton (oder auch short ton) entsprechen 907,184 kg, 1 lb (Pound) entspricht 453,592 Gramm.

Los geht es....
Die C&O hatte bis 1944 bereits in 3 Serien insgesamt 45 der mächtigen 2-6-6-6 H-8 / Allegheny bekommen und war entsprechend sehr zufrieden mit ihnen. gebaut wurden die Loks in den Lima Locomotive Works in Lima (Ohio) https://en.wikipedia.org/wiki/Lima_Locomotive_Works.
Wie die erste Serie der H-8 von der C&O bestellt wurde, war das Maximalgewicht der Lok (ohne Tender) auf 724.500 lbs spezifiziert, die C&O hatte zu der Zeit ein grundsätzliches Maximalgewicht von 726.000 lbs festgelegt.
Während der Konstruktion stieg das Lokgewicht auf 778.500 lbs, was Lima bekannt war, stolze 27 tons über der Spezifikation!
Warum auch immer, Lima behauptete gegenüber der C&O immer das geforderte Lokgewicht von 724.500 lbs sei eingehalten worden, und die C&O nahm die Loks so ab und stellte sie in Dienst.
Und da bewährten sich die Loks vor und hinter den langen Kohlenzügen in den Allegheny Mountains, deren riesiger Kessel fast 8000 hp erzeugen konnte und die an der Kupplung fast 1500 HP mehr Leistung wie ein Big Boy entwickelte.

1945 kaufte die benachbarte VIRGINIAN, bei Lima insgesamt 8 Lokomotiven der Baureihe AG, bei ihr als Blue Ridge bezeichnet.

Jedenfalls mussten die 8 Loks über das C&O Streckennetz zur VIRGINIAN überführt werden.
Es kam die Frage an die C&O: "Lima möchte acht je 754.000 lbs schwere Loks zur Virginian überführen."

Grundsätzlich ist so eine Überführung nichts spektakuläres, wie hier die Verantwortlichen der C&O aber die in der Anfrage angegebenen Gewichte gelesen hatten sagten sie
"Die Loks sind für unsere Strecken ja viel zu schwer! Eine Überführung über die C&O ist unmöglich."

Bei der Virginian, die sich um die Überführung auf ihr Netz kümmerte, war man ob dieser Antwort eines: Verwundert! und schrieb entsprechend eine Antwort an die benachbarte Bahngesellschaft.
"Warum können die Loks nicht überführt werden? Die Loks sind Nachbauten von eurer H-8 und entsprechen denen weitgehend, die wiegen das gleiche."

Jetzt war man bei der C&O erstaunt, Lima wich den Fragen erstmal aus. Die C&O verlangte das zwei H-8 bei Lima neu verwogen werden.
Und siehe da, die #1600 wog 770,910 lbs und die #1630 gar 771.670 lbs. Das waren so circa 20 bis 21 tons die die H-8 mehr auf die Waage drückten wie von Lima angegeben.
Und es hatte bei der C&O in drei Jahren keiner bemerkt!

Die AGs der VIRGINIAN waren sogar in der Konstruktion soweit geändert, das das Lokgewicht gegen die H-8 um gut 8 ton niedriger war.
Erstmal durften die Virginian Loks über die C&O überführt werden dann nahm die C&O sich Lima zur Brust.
Der Rechtsstreit endete mit Zahlung von 3 Millionen Dollar an die C&O. :D

1948 kaufte die C&O nochmal 15 H-8 deren Design etwas mehr an den AG angelehnt ist und deren Lokgewicht deshalb nur 757,830 lbs ist, also etwa 7 tons unter den ersten 3 Serien.

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Man muss eines erwähnen: Der Begriff Lokgewicht ist einfach, in der Umsetzung aber schwierig weil es die einen gab die eine Lok mit leerem Kessel auf die Waage schoben, andere hatten 50% Wasser im Kessel, andere volle Füllung. Und bei diesen Kesseln war ein Wasserstand von einem Inch (2,54cm) mehr oder weniger schnell eine ton mehr oder weniger, aber egal, die geforderten 724.500 lbs der C&O übertrafen die H-8 und die AG bei weitem...

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Und noch ein Superlativ der ersten H-8 Serien gegen den Big Boy, bei zwei Achsen weniger ist das Lokgewicht einer H-8 drei tons etwa höher wie das eines Big Boy.
Wen es interessiert: Hier ist ein Vergleich der zeigt das Big Boy garnicht so big ist http://www.steamlocomotive.com/misc/largest.php
Zuletzt geändert von bigboy4015 am Di 26. Apr 2016, 11:11, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: (Amerika) eine wahre Geschichte von 1945

Beitrag von Dieselpower »

Eine sehr interessante Geschichte...jaja, ob Singlebörse oder Lokfabrik, mit dem Gewicht wird gern gemogelt... :lol:

Erinnert mich (etwas OT) ein wenig an die Stadtbahnwagen B der Bauserie 2251-2260 der Kölner Verkehrsbetriebe. Wegen Lieferengpässen bei DUEWAG und gleichzeitigem schnellen Bedarf bei den KVB entschloß man sich im Jahre 1988, zehn Wagen der Reihe 2200 in Lizenz bei Waggon-Union Berlin in Auftrag zu geben. Warum auch immer wichen diese zehn Fahrzeuge nicht nur in der Numerierung ab 2251 (2201 bis 2210 gab es schon, 2211 bis 2240 folgten später von DUEWAG), sondern auch in Wagenkastenform und Innenraum leicht von den Düsseldorfer Fahrzeugen ab. Aber egal. Sie gingen in Betrieb und waren von Anfang an schwerfälliger als die DUEWAG-Züge. Schon deshalb wurden sie (und werden in der Regel noch heute) fast immer nur untereinander eingesetzt, selten wurden "gemischte Doppel" gefahren, also WU- und DUEWAG-Züge zusammen, obwohl es technisch einwandfrei geht.
Bald häuften sich Probleme an den Getrieben der zwar mit Drehstrommotoren, aber immer noch klassischem Zweiachslängsantrieb ausgestatteten Drehgestelle. Irgendwann kam einer auf die Idee, die Dinger zu wiegen, und siehe da, die Berliner Kisten waren durch die Bank zu schwer, von satten 4 Tonnen war die Rede. Bei einem Leergewicht von weniger als 40 t ein deftiger Zuschlag...
Nach und nach wurden sie "umgerüstet" - wie, das entzieht sich meiner Kenntnis. Angeblich wurden sie leichter gemacht, wobei sich mir die Frage stellt, wo man bei einem solchen Leichtbau-Fahrzeug mal eben 4 Tonnen wegnimmt, und es immer noch fährt... :lol:
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Beitrag von bigboy4015 »

Okay ist in anderen Gewichtsdimensionen: Bei den US Herstellern als Beispiel kann die Bahn schon bei der Order die Loks massiv schwerer machen in dem die Plattenstärke der Rahmenplatten verstärkt wird.
Da kommen bei einer US ES44AC schnell 15 bis 20 Tonnen zusammen.
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Re: (Amerika) eine wahre Geschichte von 1945

Beitrag von Dieselpower »

Aufballastieren ist auch hierzulande kein Thema - die DE 1002 der KBE/KFBE, später HGK, heute RheinCargo) z.B. sind durch Betonblöcke im Rahmen nochmals um 2 t schwerer als die bis dato schwerste Serienfertigung, nämlich satte 90 t....und die sind bei den 1800 PS und Drehstromantrieb sogar manchmal noch zu wenig gewesen.
Meine Verwunderung lag - wie gesagt - eher im Leichtern... :wink:
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Re: (Amerika) eine wahre Geschichte von 1945

Beitrag von bigboy4015 »

90 Tonnen? Ist das ein Dreiachser?
Duck und Wech.......

Nee im Ernst, wenn man so überlegt das eine ebenfalls vierachsige GP60M z.B. Mal eben bis zu 130 Tonnen auf die Waage stellt...

Wobei Stichwort Köln: Die Nord-Süd-Bahn und die Hambachbahn sind für 35 Tonnen Achslast.
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Re: (Amerika) eine wahre Geschichte von 1945

Beitrag von Dieselpower »

...nicht nur 35 t Achslast, die haben auch achtachsige Abraumkipper.... :shock:
Entsprechend haben die ADtranz-Loks EL2000 auch 140 t bei vier Achsen, ich glaube, das ist nationaler Rekord! Die klassischen EL1 waren aber nur unwesentlich leichter (136 t).
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Re: (Amerika) eine wahre Geschichte von 1945

Beitrag von bigboy4015 »

Was ich bei der H-8 vergessen hatte: Bei der könnte es auf den Rheinbraun / RWE Strecken eng werden. Die Maximale Achslast lag bei über 39 metrischen Tonnen....
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Re: (Amerika) eine wahre Geschichte von 1945

Beitrag von bigboy4015 »

8 achsige Abraumwagen...?

Wie wärs mit 8 achsigen Tankwagen...?

Gesamtgewicht aber auch nur 263 tons...

http://www.railgoat.railfan.net/railwha ... 028090.htm
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