Reaktivierung von DB-Lokführern und Fahrdienstleitern
Verfasst: Mi 1. Apr 2015, 11:28
Georg Lehn ist zufrieden.
"Ich bin doch noch fit - jetzt hab' ich's schriftlich", strahlt der 71-jährige.
Lehn war Lokführer bei der Bundesbahn.
38 Jahre lang. 2002 ging er in Pension. Nicht ganz freiwillig, wie er betont.
Denn als beamteter Technischer Bundesbahnbetriebsinspektor war er der Börsenbahn zu teuer, man drängte ihn, aufzuhören.
Seinen Platz sollten Angestellte übernehmen, die den einstigen Staatsbetrieb rund 800 Euro monatlich günstiger kommen.
Lehn ging mit saurer Miene, denn er war gerne Lokführer.
Angefangen hat er 1964 noch mit Dampf.
Er war auch 1976 einer der letzten, der noch Dampfzüge fuhr, etwa durchs Nahe- und Alsenztal.
"Heizer und Lokführer - ein unschlagbares Team, wir hatten viel Spaß und es war einfach menschlich eine schöne Zeit," schwärmt er noch heute.
Dann stieg er auf Dieselloks um, zuletzt fuhr er ICE.
2002 war dann mit 58 Schluß, Lehn hätte gerne noch ein paar Jahre weiter gearbeitet, beugte sich dann aber dem Konzerndruck.
"Im Bahnarztbericht stand etwas von Dienstunfähigkeit wegen Bandscheiben - lächerlich 'Bandscheiben', so etwas kenne ich gar nicht", empört sich der agile Senior.
Doch jetzt geht es zurück in den Führerstand - erst einmal für einen Tag pro Woche als Krankheitsvertretung, aber weitere Engagements sind geplant. Bis zu drei Tage in der Woche sind möglich.
Georg Lehn gehört zu dem Starterteam des Programms Bahn65+, eine Initiative der Deutschen Bahn AG zusammen mit dem sogenannten Bundeseisenbahnvermögen, bei dem alle ehemaligen Bahnbeamten seit 1994 offiziell beheimatet sind.
Volker Käfer, Konzernbeauftragter für die Aktion Bahn65+ erläutert:
"Ziel ist es, interessierte Pensionäre vor allem für Stellwerke und den Lokfahrdienst zu reaktivieren, denn hier drohen uns in den nächsten Jahren die größten Engpässe."
Käfer, der bis jetzt etwa zwei Dutzend Interessierte betreut, ist von den neuen "alten" Mitarbeitern begeistert.
Nach einem intensiven Bahnarztcheck und Probeschichten am alten Arbeitsplatz zeigten sich die Senioren fit wie am letzten Arbeitstag.
Käfer will auch noch etwas anderes beobachtet haben:
"Die älteren Semester bringen Routine und Gelassenheit in den Betrieb und nicht zuletzt ein großes Maß an Streßresistenz."
Das bestätigte sich schon am ersten Arbeitstag bei Georg Lehn.
Nachdem sein Triebwagen auf der Strecke Mainz-Alzey plötzlich stehen geblieben war, gelang es Georg Lehn, ihn wieder ingang zu setzen. "Kein Problem, diese Kinderkrankheit hatte die Baureihe schon 1988, als ich meine erste Fahrt auf ihr machte", schmunzelt Lehn.
Im DB-Netzbereich Mainz werden vorerst vier Lokführer und fünf Fahrdienstleiter ihren Dienst aufnehmen.
Bundesbahnhauptsekretär a.D. Johann Bläsius, 69, sogar am alten Arbeitsplatz dem Stellwerk in Mainz Hbf, das im letzten Jahr zeitweise wegen Personalmangels den Betrieb einstellen mußte.
"Schon damals hatte ich mich angeboten, aber da hieß es nur lapidar 'Ach Opa, bleib' doch daheim' "ärgert sich Bläsius.
Nun hingegen ist man froh, auf Leute wie Bläsius und Lehn zurückgreifen zu können.
Volker Käfer: "Die Menschen sind heute viel länger fit als früher, es wäre eine Schande, das nicht zu nutzen."
Einen Wermutstropfen hat das ganze freilich.
Bläsius und Lehn wurden seinerzeit wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig pensioniert.
Nun tun sie am alten Arbeitsplatz wieder Dienst.
Ulf Orben vom Bundeseisenbahnvermögen sieht hierin das größte Problem.
Streng genommen sei dann die einstige Pensionierung rechtswidrig gewesen und der Beamte müsse gewissermaßen die Zeit "nacharbeiten".
Bei einem Arbeitstag pro Woche müßte zum Beispiel Georg Lehn noch 24 Jahre "nacharbeiten":
Dann wäre er 95.
Daß er solange durchhält, glaubt selbst der fitte Lehn nicht.
"Manchmal zwicken dann doch schon kleine Wehwechen und das Aufstehen zum Dienstbeginn etwa um 4 Uhr fällt mir doch jetzt schwerer als noch vor 15 Jahren", erklärt er.
Für die DB kein Grund, das Konzept infrage zu stellen.
"Jetzt starten wir erst mal, dann schauen wir, wie es weitergeht", beruhigt DB-Mann Volker Käfer.
Aus DB Praxis Heft 04/2015
"Ich bin doch noch fit - jetzt hab' ich's schriftlich", strahlt der 71-jährige.
Lehn war Lokführer bei der Bundesbahn.
38 Jahre lang. 2002 ging er in Pension. Nicht ganz freiwillig, wie er betont.
Denn als beamteter Technischer Bundesbahnbetriebsinspektor war er der Börsenbahn zu teuer, man drängte ihn, aufzuhören.
Seinen Platz sollten Angestellte übernehmen, die den einstigen Staatsbetrieb rund 800 Euro monatlich günstiger kommen.
Lehn ging mit saurer Miene, denn er war gerne Lokführer.
Angefangen hat er 1964 noch mit Dampf.
Er war auch 1976 einer der letzten, der noch Dampfzüge fuhr, etwa durchs Nahe- und Alsenztal.
"Heizer und Lokführer - ein unschlagbares Team, wir hatten viel Spaß und es war einfach menschlich eine schöne Zeit," schwärmt er noch heute.
Dann stieg er auf Dieselloks um, zuletzt fuhr er ICE.
2002 war dann mit 58 Schluß, Lehn hätte gerne noch ein paar Jahre weiter gearbeitet, beugte sich dann aber dem Konzerndruck.
"Im Bahnarztbericht stand etwas von Dienstunfähigkeit wegen Bandscheiben - lächerlich 'Bandscheiben', so etwas kenne ich gar nicht", empört sich der agile Senior.
Doch jetzt geht es zurück in den Führerstand - erst einmal für einen Tag pro Woche als Krankheitsvertretung, aber weitere Engagements sind geplant. Bis zu drei Tage in der Woche sind möglich.
Georg Lehn gehört zu dem Starterteam des Programms Bahn65+, eine Initiative der Deutschen Bahn AG zusammen mit dem sogenannten Bundeseisenbahnvermögen, bei dem alle ehemaligen Bahnbeamten seit 1994 offiziell beheimatet sind.
Volker Käfer, Konzernbeauftragter für die Aktion Bahn65+ erläutert:
"Ziel ist es, interessierte Pensionäre vor allem für Stellwerke und den Lokfahrdienst zu reaktivieren, denn hier drohen uns in den nächsten Jahren die größten Engpässe."
Käfer, der bis jetzt etwa zwei Dutzend Interessierte betreut, ist von den neuen "alten" Mitarbeitern begeistert.
Nach einem intensiven Bahnarztcheck und Probeschichten am alten Arbeitsplatz zeigten sich die Senioren fit wie am letzten Arbeitstag.
Käfer will auch noch etwas anderes beobachtet haben:
"Die älteren Semester bringen Routine und Gelassenheit in den Betrieb und nicht zuletzt ein großes Maß an Streßresistenz."
Das bestätigte sich schon am ersten Arbeitstag bei Georg Lehn.
Nachdem sein Triebwagen auf der Strecke Mainz-Alzey plötzlich stehen geblieben war, gelang es Georg Lehn, ihn wieder ingang zu setzen. "Kein Problem, diese Kinderkrankheit hatte die Baureihe schon 1988, als ich meine erste Fahrt auf ihr machte", schmunzelt Lehn.
Im DB-Netzbereich Mainz werden vorerst vier Lokführer und fünf Fahrdienstleiter ihren Dienst aufnehmen.
Bundesbahnhauptsekretär a.D. Johann Bläsius, 69, sogar am alten Arbeitsplatz dem Stellwerk in Mainz Hbf, das im letzten Jahr zeitweise wegen Personalmangels den Betrieb einstellen mußte.
"Schon damals hatte ich mich angeboten, aber da hieß es nur lapidar 'Ach Opa, bleib' doch daheim' "ärgert sich Bläsius.
Nun hingegen ist man froh, auf Leute wie Bläsius und Lehn zurückgreifen zu können.
Volker Käfer: "Die Menschen sind heute viel länger fit als früher, es wäre eine Schande, das nicht zu nutzen."
Einen Wermutstropfen hat das ganze freilich.
Bläsius und Lehn wurden seinerzeit wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig pensioniert.
Nun tun sie am alten Arbeitsplatz wieder Dienst.
Ulf Orben vom Bundeseisenbahnvermögen sieht hierin das größte Problem.
Streng genommen sei dann die einstige Pensionierung rechtswidrig gewesen und der Beamte müsse gewissermaßen die Zeit "nacharbeiten".
Bei einem Arbeitstag pro Woche müßte zum Beispiel Georg Lehn noch 24 Jahre "nacharbeiten":
Dann wäre er 95.
Daß er solange durchhält, glaubt selbst der fitte Lehn nicht.
"Manchmal zwicken dann doch schon kleine Wehwechen und das Aufstehen zum Dienstbeginn etwa um 4 Uhr fällt mir doch jetzt schwerer als noch vor 15 Jahren", erklärt er.
Für die DB kein Grund, das Konzept infrage zu stellen.
"Jetzt starten wir erst mal, dann schauen wir, wie es weitergeht", beruhigt DB-Mann Volker Käfer.
Aus DB Praxis Heft 04/2015