Steffen hat geschrieben:
Aus dem Schlieffen-Plan lässt sich meiner Meinung nach nicht der strategische Bahnbau bei uns ableiten. Dessen Gründe liegen weit vorher schon im deutsch-französischen Krieg begründet. Die guten Erfahrungen von 1870/71 führten quasi logisch direkt zur Hindenburgbrücke und vieler anderer Projekte.
Die Hindenburgbrücke geht in der Tat auf den Schlieffen-Plan zurück, obwohl sie schon vorher (um 1900) geplant war.
1913 wurde sie dann schnell im Zuge der Kriegsvorbereitungen begonnen, 1915, mitten im Krieg wurde sie beendet. Sie diente zusammen mit der Kronprinzenbrücke bei Urmitz und der Ludendorffbrücke bei Remagen als Verbindung zwischen dem rechtsrheinischen Preußen und den linksrheinischen Kriegsgebieten.
Die "zivile" Bedeutung war so gering, dass die Königlich-Preußische Staatseisenbahn zwischen den Gleisen eine hölzerne "Fahrbahn" für Pferdefuhrwerke und Kraftfahrzeuge errichten ließ.
Auf diesem historischen Bild -eine kleine Sensation- ist der fast neue Holzbelag gut zu sehen.
Es zeigt zwei französische Offiziere der Besatzungsarmee bei einer Inspektionsfahrt im Jahre 1923.
Der Blick geht etwa von der Strommitte in Richtung Rüdesheim.
Im Hintergrund zu erkennen: Das Einfahrtsignal der Blockstelle Hindenburgbrücke (Rüdesheim), montiert auf einer Signalbrücke am Brückenbogen.
https://www.flickr.com/photos/bibliothe ... /lightbox/
Die Brücke samt Anbindung nach Ockenheim und (Münster-)Sarmsheim wurde -obwohl sie auf dem Gebiet des Großherzogtums Hessen lag- komplett vom Kaiserreich bezahlt, wie gesagt, weil sie vorrangig militärische Bedeutung hatte.
Es gab ab 1915 Tage, da überquerten nur drei "zivile" Zugpaare, aber 20 Militärzüge Richtung Westfront die Brücke.
Nach dem Krieg wurde es dann wieder ruhiger, kurzzeitig versuchte man, die Brücke noch mit "Kurbäderzügen" Bad Schwalbach - Wiesbaden - Bad Kreuznach - Bad Münster zu beleben, die aber hinter den Erwartungen zurückblieben.
Auch die 1902 fertiggestellte Verbindung Gau-Algesheim - Bad Münster (einschließlich der Fortführung über Odernheim nach Neunkirchen) für wurde auf Intervention des Deutschen Reiches für militärischen Verkehr "aufgerüstet", z.B. durch eine durchgehende Zweigleisigkeit, auch diese Strecke war in den Schlieffen-Plan eingebunden.
Erbauerin aller drei genannten Brücken war übrigens die Grün & Bilfinger AG, die sich im deutschen Kaiserreich auf massive Eisenbahnbrücken spezialisiert hatte und später in dem heute noch existierenden Bilfinger + Berger-Konzern aufging.
Dieses historische Bild zeigt die Zulaufstrecke der Hindenburgbrücke kurz vor der Blockstelle Rochusberg aus Richtung Sarmsheim während der Bauabnahme. Die erste Feldwegbrücke existiert heute noch, im Hintergrund links sieht man das Ausfahrsignal der Blockstelle Richtung Sarmsheim.
Auffallend neben der großzügigen Gesamtausführung ist hier auch die damals noch revolutionäre Technik des Stahlbeton-Brückenbaus, zu der Prof. Emil Mörsch von der TH Stuttgart erst rund 10 Jahre zuvor die bahnbrechende, wissenschaftliche Abhandlung verfaßt hatte.
Die Patente des Stahlbaupioniers Joseph Monier ("Moniereisen") hatte zur gleichen Zeit der Baukonzern Wayss&Freitag erworben, der auch am Bau der Hindenburgbrücke als Subunternehmer beteiligt war.
Bild: Grün&Bilfinger AG (1915)