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Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: Di 15. Apr 2014, 17:22
von RheinRailPic
Hallo Forengemeinde,

eben gefunden bei der Recherche zum Thema Hindenburgbrücke:

http://www.kaltnaggisch.net

Alte Ansichskarten, Fotos von Bingen und Bingerbrück

Ich emphele das betrachten nur bei ausreichender Gesundheit! Wahnsinn:-)

Gruß RRP

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: Di 15. Apr 2014, 19:45
von Horst Heinrich
RheinRailPic hat geschrieben:Ich emphele das betrachten nur bei ausreichender Gesundheit! Wahnsinn:-)
Gruß RRP
Wohl wahr, denn das, was Hendrika Sonntag da zusammengetragen hat, ist wahrlich eine nahezu unerschöpfliche Fundgrube der regionalen Geschichte und auch der Bahngeschichte. Ich bin hier auch schon über Stunden "hängengeblieben".
Wenn Du zum Thema Hindenburgbrücke recherchierst...
Empfehle ich natürlich neben den vielen, in diesem und im Nachbarforum bereits behandelten Teilaspekten auch diesen Link, der mir, der ich mit der Materie vertraut bin, noch einmal völlig neue Perspektiven aufschloß:
http://architekturmuseum.ub.tu-berlin.d ... ten=161582

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: Mi 16. Apr 2014, 21:47
von Steffen
Der Link zur Karte ist wirklich das Interessanteste was ich seit langem gesehen habe!
Hier sind drei völlig unterschiedliche Varianten der Hindenburgbrücke inkl. Verschiebebahnhof Dietersheim (das wäre was geworden...) eingezeichnet.

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: Do 17. Apr 2014, 10:10
von Horst Heinrich
Steffen hat geschrieben:Der Link zur Karte ist wirklich das Interessanteste was ich seit langem gesehen habe!
Hier sind drei völlig unterschiedliche Varianten der Hindenburgbrücke inkl. Verschiebebahnhof Dietersheim (das wäre was geworden...) eingezeichnet.
Man beachte auch die übrigen Karten und Pläne, zu finden unter dem Menüpunkt "Alle Blätter dieses Projekts" am linken Rand.
Noch in den 1960er Jahren hatte die Bahn in den betroffenen Gemarkungen vielfach Vorkaufsrechte für bestimmte Grundstücke, auch durften die Dämme der Hindenburgbrücke bis Anfang der 1970er Jahre nicht "überplant" werden.
Interessant ist auch, daß die bereits geplante Verbindung Gau Algesheim-Münster am Stein noch nicht berücksichtigt und stattdessen ein direkter Anschuß von Dietersheim/Sponsheim zur Bahnstrecke Bingen-Alzey-Worms bei Gensingen vorgesehen war.
Die Größe und Ausdehnung der Bahnanlagen erklären sich übrigens mit militärstrategischen Überlegungen (Schlieffen-Plan u.a.)

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: Sa 19. Apr 2014, 21:09
von Steffen
Die Größe und Ausdehnung der Bahnanlagen erklären sich übrigens mit militärstrategischen Überlegungen (Schlieffen-Plan u.a.)
Zum Schlieffen-Plan sei allerdings angemerkt, dass dieser zwar auf hohe Mobilität der Truppen durch die Bahn angewiesen war, aber unsere Region als Schlachtfeld "geopfert" werden sollte.
Die Haupttruppen wären über Belgien eingefallen (was auch geschah). Die Franzosen sollten über die Saar und Pfalz bis an den Rhein "gelockt" werden um an der massiv verstärkten Festung Mainz stehen zu bleiben. Hinter ihrem Rücken wären dann die nördlichen (Belgien) und südlichen Armeen aus Baden zusammengestoßen (Sichelschnitt).
Mangelhafte Koordination auf deutscher und gravierende Änderungen der Ausgangssituation beider Seiten ließen diesen Plan gnadenlos scheitern.

Aus dem Schlieffen-Plan lässt sich meiner Meinung nach nicht der strategische Bahnbau bei uns ableiten. Dessen Gründe liegen weit vorher schon im deutsch-französischen Krieg begründet. Die guten Erfahrungen von 1870/71 führten quasi logisch direkt zur Hindenburgbrücke und vieler anderer Projekte.

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: So 20. Apr 2014, 10:29
von Lokomotive
Hendrikas Seite ist ein Schatz! Wie Hendrika selbst.

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: So 20. Apr 2014, 11:52
von Horst Heinrich
Steffen hat geschrieben: Aus dem Schlieffen-Plan lässt sich meiner Meinung nach nicht der strategische Bahnbau bei uns ableiten. Dessen Gründe liegen weit vorher schon im deutsch-französischen Krieg begründet. Die guten Erfahrungen von 1870/71 führten quasi logisch direkt zur Hindenburgbrücke und vieler anderer Projekte.
Die Hindenburgbrücke geht in der Tat auf den Schlieffen-Plan zurück, obwohl sie schon vorher (um 1900) geplant war.
1913 wurde sie dann schnell im Zuge der Kriegsvorbereitungen begonnen, 1915, mitten im Krieg wurde sie beendet. Sie diente zusammen mit der Kronprinzenbrücke bei Urmitz und der Ludendorffbrücke bei Remagen als Verbindung zwischen dem rechtsrheinischen Preußen und den linksrheinischen Kriegsgebieten.
Die "zivile" Bedeutung war so gering, dass die Königlich-Preußische Staatseisenbahn zwischen den Gleisen eine hölzerne "Fahrbahn" für Pferdefuhrwerke und Kraftfahrzeuge errichten ließ.
Auf diesem historischen Bild -eine kleine Sensation- ist der fast neue Holzbelag gut zu sehen.
Es zeigt zwei französische Offiziere der Besatzungsarmee bei einer Inspektionsfahrt im Jahre 1923.
Der Blick geht etwa von der Strommitte in Richtung Rüdesheim.
Im Hintergrund zu erkennen: Das Einfahrtsignal der Blockstelle Hindenburgbrücke (Rüdesheim), montiert auf einer Signalbrücke am Brückenbogen.
https://www.flickr.com/photos/bibliothe ... /lightbox/
Die Brücke samt Anbindung nach Ockenheim und (Münster-)Sarmsheim wurde -obwohl sie auf dem Gebiet des Großherzogtums Hessen lag- komplett vom Kaiserreich bezahlt, wie gesagt, weil sie vorrangig militärische Bedeutung hatte.
Es gab ab 1915 Tage, da überquerten nur drei "zivile" Zugpaare, aber 20 Militärzüge Richtung Westfront die Brücke.
Nach dem Krieg wurde es dann wieder ruhiger, kurzzeitig versuchte man, die Brücke noch mit "Kurbäderzügen" Bad Schwalbach - Wiesbaden - Bad Kreuznach - Bad Münster zu beleben, die aber hinter den Erwartungen zurückblieben.
Auch die 1902 fertiggestellte Verbindung Gau-Algesheim - Bad Münster (einschließlich der Fortführung über Odernheim nach Neunkirchen) für wurde auf Intervention des Deutschen Reiches für militärischen Verkehr "aufgerüstet", z.B. durch eine durchgehende Zweigleisigkeit, auch diese Strecke war in den Schlieffen-Plan eingebunden.
Erbauerin aller drei genannten Brücken war übrigens die Grün & Bilfinger AG, die sich im deutschen Kaiserreich auf massive Eisenbahnbrücken spezialisiert hatte und später in dem heute noch existierenden Bilfinger + Berger-Konzern aufging.
Bild
Dieses historische Bild zeigt die Zulaufstrecke der Hindenburgbrücke kurz vor der Blockstelle Rochusberg aus Richtung Sarmsheim während der Bauabnahme. Die erste Feldwegbrücke existiert heute noch, im Hintergrund links sieht man das Ausfahrsignal der Blockstelle Richtung Sarmsheim.
Auffallend neben der großzügigen Gesamtausführung ist hier auch die damals noch revolutionäre Technik des Stahlbeton-Brückenbaus, zu der Prof. Emil Mörsch von der TH Stuttgart erst rund 10 Jahre zuvor die bahnbrechende, wissenschaftliche Abhandlung verfaßt hatte.
Die Patente des Stahlbaupioniers Joseph Monier ("Moniereisen") hatte zur gleichen Zeit der Baukonzern Wayss&Freitag erworben, der auch am Bau der Hindenburgbrücke als Subunternehmer beteiligt war.


Bild: Grün&Bilfinger AG (1915)

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: So 20. Apr 2014, 23:13
von Steffen
Ohne jetzt weiter vom Thema abzuschweifen, das sicherlich die meisten hier nicht interessiert, sei hervorgehoben, dass die hier verlinkten Pläne von 1901 sind. Der Schlieffen-Plan wurde aber erst vier Jahre später "veröffentlicht". Das ist oben auch schon richtig angemerkt worden.
Bis sich dieser Plan unter dem jüngeren Moltke durchsetzte vergingen wiederum einige Jahre bis zur genannten recht hastigen Umsetzung mitten im ersten Weltkrieg.
Zusammengefasst heißt das: die Planungen sowohl der noch namenlosen Hindenburgbrücke, als auch der strategischen Bahnlinie zu ihrer Erschliessung sind deutlich älter als der vom preußischen Militär missverstandene Schlieffen-Plan.

Aber, die Umsetzung dieser Baupläne fällt mitten in die Zeit der Vorbereitungen auf den großen Krieg. Hierbei spielten die Überlegungen aus dem Schlieffen-Plan eine gewichtige Rolle.

Re: Bingen und Bingerbrück historisch-zerstörte Hindenburgbr

Verfasst: Fr 3. Apr 2015, 11:35
von eddi2
Hallo zusammen,

passend zum Thema habe ich hier noch ein sehr interessantes Bild im Netz entdeckt:

http://www.trolley-mission.de/megapixel ... esheim.htm

Interessant auch die Geschichte der "Trolley Mission" dazu.
Wieder mal eine tolle Seite zum stöbern...
u.a. auch Luftbilder vom zerstörten Köln, Deutsches Eck,etc.

Wünsche allen ein schönes Osterfest!

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: Fr 3. Apr 2015, 12:01
von Horst Heinrich
Danke, eddi2 für diesen Link.
Aus dieser Perspektive hat man die Hindenburgbrücke selten gesehen, noch einmal wird die Ausdehnung der Firma Richtberg (früher Himmelsbach) in Bingen-Gaulsheim deutlich, einst einer der größten deutschen Produzenten von Buchenholzbahnschwellen.
Sehr schön auch zu sehen: Die linkrheinische Auffahrrampe für Straßenfahrzeuge, die noch für militärische Zwecke vorgehalten wurde, nachdem der Zivilverkehr ab 1930 nach dem Gerichtsurteil, das die Binger Fährleute gegen die Reichsbahn erstritten hatten, keinen Zugang zur Brücke mehr erhalten durfte.
(Stichwort für Kenner der Hindenburgbrückengeschichte: "Regierungsrat Milatz").

Re: Bingen und Bingerbrück historisch

Verfasst: Fr 3. Apr 2015, 12:16
von eddi2
Ja, das ist so eine Seite, wo man sich "festguckt"...

Hier: http://www.trolley-mission.de/trolley-mission.htm

ist eine der Flugrouten beschrieben, auf der Luftzbilder gemacht wurden:
"...Vom Ardenner Wald aus flogen die Piloten der Trolley Mission nach Mannheim und Ludwigshafen, was zugleich den südlichsten Punkt dieser Flugroute markierte. Mit nordöstlichem Kompaßkurs ging es weiter nach Aschaffenburg und Hanau bis Frankfurt am Main. Dem Main flußabwärts folgend wurden Wiesbaden und Mainz überflogen. Sich an der Mündung von Main und Rhein orientierend folgten die Piloten sodann dem Rheinverlauf von Bingen bis nach Koblenz. Da die Flüge der Trolley Mission nach Sichtflugregeln stattgefunden haben, dienten die einst militärstrategischen Angriffsziele nun auch als Bezugs- und Orientierungspunkt für die Piloten, wozu die Brücke in Neuwied sowie insbesondere die Überreste der Brücke von Remagen gehörten. Dem Rhein weiterhin flußabwärts folgend erreichten die Flugzeuge schließlich die Städte Bonn, Köln und Düsseldorf sowie das südliche Ruhrgebiet. Die Stadt Düsseldorf markierte den nördlichsten Punkt dieser Flugroute, so dass die Piloten von dort aus mit westlichem Kompaßkurs abdrehten und den Rückflug einleiteten, der wiederum über Brüssel, über Ostende sowie schließlich über den Ärmelkanal und Southwold zur Luftwaffenbasis Wendling Airfield führte."

Klickt euch einfach mal durch, da sind einige tolle Sachen dabei, insbesondere die "Megapixel"-Serie, hochauflösend (für damalige Verhältnisse) in die man sich sogar reinzoomen kann.