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Es war einmal: DB-Werbung aus dem vorigen Jahrhundert. (1B)
Verfasst: Do 20. Mär 2014, 20:53
von Ulrich Neumann
Was ist heute davon noch übrig?

Re: Es war einmal: DB-Werbung aus dem vorigen Jahrhundert. (1B)
Verfasst: Do 20. Mär 2014, 22:12
von Horst Heinrich
Danke Ulrich, für diese vielsagende Annonce.
Ja, was ist davon übrig?
Auch hierzu eine selbst erlebte Geschichte, die zur Anzeige paßt.
Da meine Familie aus der fruchtbaren Region Rheinhessen stammt, gab es natürlich neben allerhand Obstsorten auch Spargel im Angebot. Schon im Alter von 8 Jahren ging ich mit der Oma in den Ferien drei mal am Tag hinaus ins Feld zum Spargelstechen. Wie jedes Jahr sollte ein besonders toller Korb des königlichen Gemüses an die beiden Tanten nach Lindenberg im Allgäu gehen. Gesagt, getan. Am anderen Tag fuhr ich mit der Oma gegen 10 Uhr zum Gau-Algesheimer Bahnhof, um die wertvolle Fracht als Expreßgut aufzugeben. In der Schalterhalle zog der Bundesbahnsekretär Hassemer hierzu seinen Rolladen hoch, der Spargelkorb wanderte auf eine überdimensionierte Waage, erhielt danach eine Pappkarte als Anhänger um alsdann mit dem nächsten Personenzug nach Mainz seine Reise anzutreten.
Gegen 19 Uhr klingelte daheim das Telefon, am anderen Ende der Leitung Tante Lotte, die das Spargelkörbchen gerade vom Bahnhof abgeholt hatte.
Man muß sich das einmal vorstellen: 5 Kilo erntefrischer Spargel in gut 8 Stunden vom Rheintal in den Allgäu.
An den genauen Preis für diese Dienstleistung kann ich mich nicht mehr erinnern, er war allerdings nicht nur erschwinglich, sondern auch gerechtfertigt.
Es folgten im Jahreslauf schließlich noch weitere Körbe: Kirschen, Mirabellen, Pflaumen, Äpfel....
Wie sähe das ganze heute aus und in welchem Zustand käme die Fracht wohl an?
Im Winter brachte uns die Bahn dann Brikett, gewissermaßen ebenfalls fast bis ans Haus.
Gute deutsche Braunkohle vom Niederrhein, keine Importschlacke wie heute aus Tschechien
An der Ladestraße wurden zwei Wagen bereitgestellt, zuvor hatte die Raiffeisengenossenschaft die Bestellungen der einzelnen Haushalte gesammelt und wenn genug beisammen waren, wurde geordert.
Mit dem Förderband wurden die Brikett auf den Schlepperanhänger entladen.
Dann ab zum Wiegen und danach nachhause in den Keller.
Ein ausgeklügeltes System, es funktionierte perfekt.
Ja, manchmal stelle ich mir die gleiche Frage wie Ulrich: Was ist heute davon noch übrig?
Re: Es war einmal: DB-Werbung aus dem vorigen Jahrhundert. (1B)
Verfasst: Fr 21. Mär 2014, 00:12
von Dieselpower
Na, dann muß ich leider jetzt die ganz große Bundesbahnkeule auspacken...:
http://www.youtube.com/watch?v=KptXX_3BKbY
http://www.youtube.com/watch?v=mGhJW5TvIuQ
Gänsehaut und (wenn man es nicht vermeiden kann) Krokodilstränen....
Ich adaptiere jetzt mal den Wusch der Inselbewohner:
"Bring back Deutsche Bundesbahn"!!!
Re: Es war einmal: DB-Werbung aus dem vorigen Jahrhundert. (1B)
Verfasst: Fr 21. Mär 2014, 11:22
von hochwald
Das ist genau die Armada, die weiße Pest an Lieferwagen und Kleinlastern die unsere Strassen verstopfen und kaputt machen, hab mein Büroloft hier im Erdgeschoss und schon wieder parkt mich einer dieser Transporter zu und dunkel ists ... natürlich wollen wir alle am liebsten immer alles so schnell und billig wie möglich haben und Du wirst auch genug Trottel finden die Dir den Spargel wenns sein muss im Taxi ins Allgäu runterfahren, es gibt ja genung mautfreie Strassen der Sprit ist billig und die Klimaziele eh Wurscht .... man kanns an etlichen Sachen durchspielen, etwa die ganze InterFrigo Geschicht und deren Niedergang, Banantransporte die irgendwann in den 90ern eingestellt wurden ... der LKW mit Kühlaggregat und neuster EU-Abgasnorm ist offenbar so billig und flexibel -und es gibt wohl immernoch zu wenig Staus und Maut- der Einzelwagenladungsverkehr ist quasi tot, es ist quälend auch nach 30 Jahren Beschäftigung damit, es gab immer wieder Ansätze, Verkehrskonzepte, die Schweiz ist vielleicht noch ein kleiner Lichtblick, aber sonst ... leider und man ertappt sich dann immer wieder im Nostalgisieren

Re: Es war einmal: DB-Werbung aus dem vorigen Jahrhundert. (1B)
Verfasst: Fr 21. Mär 2014, 11:54
von eifelhero
Zu Bundesbahnzeiten sah es doch so aus, nichts lief mehr auf den Straßen, und alle nahmen die Bahn.
Und Heute ?
Im Herbst Laub auf den Schienen, im Winter 3 cm Schnee, im Sommer zu heiß !
Und als Kunde mit Gleisanschluß mußt du 365 Wagen im Jahr abfertigen, sonst lohnt es sich nicht.
Im Frühjahr 1985 war meine W15 Karriere in Lüneburg beendet, den Seesack mit den Reservistenklamotten am Lüneburger Bhf aufgegeben, und 3 Stunden nach meiner Ankunft in Brühl/Rheinland kam der Anruf, das am Bhf der Seesack abgeholt werden kann.
Aktuelles Beispiel: Meine Schwester fuhr für 1 Woche nach Rügen,Gepäck wurde vom DB Dienstleister an der Haustüre abgeholt. Rügen ohne eigene Klamotten war nicht so prickelnd, wurden dann vom Hotel nach 14 Tagen an die Heimatadresse geschickt.
Ich fahre gerne mit der Bahn, wenn ich allerdings mehr wie ein Gepäckstück habe, nehme ich mir einen Leihwagen.
Solche Highlights wie die reaktivierte Schotterverladung in Birresborn/Gerolstein scheinen ja auch nur in privater Hand zu funktionieren.
gruß aus der Eifel
Heinz
Re: Es war einmal: DB-Werbung aus dem vorigen Jahrhundert. (1B)
Verfasst: Fr 21. Mär 2014, 14:01
von Horst Heinrich
Und dann noch als Begleitmusik Jacques Offenbach und Johann Strauss, was für Bildung und guten Geschmack der Werbefachleute spricht.
Trotz allem: Schon damals ging man natürlich mit seinem Zugpferd, der 103 glänzen, obgleich der ganz überwiegende Teil des Personenverkehrs mit weniger spektakulären Baureihen erfolgte. Aber der Unterschied war der: Auch die Besatzung des Personenzuges aus Umbauwagen mit der Baureihe 64 an der Spitze, der neben dem TEE am Bahnsteig stand, war gleichermaßen wertgeschätzt, denn der Nebenbahnverkehr führte ja den Renommezügen erst den Verkehr zu.
Dieses bis ins kleinste Zahnrädchen funktionierende Gebilde aber war es, was die DB so leistungsfähig machte.
Heute hingegen wird oft vergessen, daß die meisten Vorzeigezüge ohne den Nahverkehr zum großen Teil leer blieben.