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Reaktivierung HOM-ZW
Verfasst: Do 13. Jun 2013, 20:14
von Pablo
Der Verein zur Förderung des Schienenverkehrs in und um Zweibrücken e. V. (
http://www.zw-rail.de/) hat eine Online-Petition eingereicht, um die S-Bahn bis Zweibrücken zu verlängern.
https://www.openpetition.de/petition/on ... ie-schiene
Re: Reaktivierung HOM-ZW
Verfasst: Fr 9. Mai 2014, 15:56
von Horst Heinrich
Oft scheinen mir bahnpolitisch die Linken an die Stelle der einstigen Grünen zu treten, denn meist sind gerade sie es, die noch
sehr kompromißlos hinter der Bahn stehen, während die anderen Parteien hemmungslos dem Individualverkehr das Wort reden. Siehe Hochmoselübergang vs. Streckenreaktivierungen in Rheinland-Pfalz.
Andererseits: Wir reden hier von rund 25 Millionen Euro Reaktivierungskosten für etwa 12 km Strecke.
Das ist schon eine "Hausnummer" gerade in einer Region, die -auch finanziell- zu den schwächsten der Republik gehört.
Sicher würden sich viele Menschen hier das Geld aus Mainz und Berlin gerne anderswo investiert wünschen.
Wer sich übrigens nicht scheut, einmal hinter so eine "Reaktivierungs-Vorplanung" zu schauen und auch vor viel Information auf engstem Raum nicht zurückschreckt (nicht zuletzt um sich auch mal ein Bild davon zu machen, welchen Umfang solche Projekte heute annehmen und um entsprechendes Fachwissen sich anzulesen), dem sei dieser Link anempfohlen:
http://isim.rlp.de/verkehr/oeffentlichk ... ibruecken/
Re: Reaktivierung HOM-ZW
Verfasst: Fr 9. Mai 2014, 20:16
von Horst Heinrich
florian103113 hat geschrieben:[Dass es dann trotzdem riesige Ausmaße annimmt stimmt schon.
Die hier vorgelegte Planung erfüllt den Tatbestand eines Totschlagarguments.
Solche Summen für ein paar Kilometer Strecke sind keinem Bürger zu "verkaufen".
700.000 Euro Planungskosten hat das ganze bereits geschluckt, dafür hätte man die Strecke auf DB-Standard der 1990er Jahre reaktivieren können und mit einem der demnächst zahlreich überzählig auf dem Abstellgleis landenden VT 628 im Pendelverkehr bedienen können.
Aber solche günstigen, praktikablen Lösungen möchte ja niemand mehr haben.
Entweder es kommt die Luxussanierung mit extraterrestrischem Flair für Unsummen oder die gepushte Kalkulation dient als erster Schritt zum Einstieg in den Ausstieg.
Warum gibt es keine politische Kraft mehr, die diesem Wahnsinn ein Ende bereitet und den Bürgern zu vertretbaren Konditionen einen Bahnverkehr zurückgibt, der 100 Jahre lang Zehntausende sicher und zuverlässig von A nach B gebracht hat?
Re: Reaktivierung HOM-ZW
Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 09:06
von Horst Heinrich
Alle die genannten Zahlen sind bekannt.
Auch daß sie "relativ" sind, das heißt im Verhältnis zu anderen Summen teilweise als "relativ gering" ausfallen.
Gemeinsam ist allen Zahlen, daß sie relativ unterfinanziert sind, das heißt: Ob Reichenbach-Hof oder der Stadionausbau in Saarbrücken, 95 % der notwendigen Mittel müssen durch Kreditaufnahmen beschafft werden, erhöhen somit die Verschuldung unseres Staates, unserer Länder, unserer Kommunen.
Insofern hebt sich die Investition des Bischofs von Limburg wohltuend ab: Es handelte sich nicht um Kredite, deren Tilgung als Erblast unseren Kindern und Kindeskindern überlassen wird, sondern um bares Vermögen, das über Jahrzehnte und Jahrhunderte oftmals dem armen (Kirchen-)Volk abgepreßt und nun wieder unter dem Volk verteilt wurde, vor allem an Handwerker, ihre Mitarbeiter und Zulieferer.
Aber ich will hier keine Politik machen, am wenigsten Kirchenpolitik.
Ich wehre mich auch nicht gegen Reaktivierungen, jeder wird mir abnehmen, daß ich ein unbedingter Befürworter der Bahn bin und zwar als möglichst flächendeckendes Verkehrsmittel auf Basis des Netzes der 1950er Jahre.
Ich bin nur gegen schuldenfinanzierte Luxussanierungen, die oft nur den Charakter politischer Profilierung und/oder den eines Feigenblattes haben: Hier werden 25 Millionen in 12 km Strecke investiert, im gleichen Atemzug werden 200 km Nebenstrecke leichtfertig aufgegeben und womöglich abgebaut.
Bei der Einweihung des neuen Bf Schwarzenacker feiert sich die politische Prominenz aller Couleur bei Lachshäppchen und Schampus, den Abbauzug, der vielleicht am selben Tag zwischen Nonnweiler und Hermeskeil sein Bestatterhandwerk betreibt, feiert keiner mehr.
Allen politischen Kräften ist eines gemeinsam: Sie geben gerne anderer Leute Geld aus, da nehme ich meine liberale politische Heimat nicht aus, was mich sehr ärgert, denn Haushalts- und Ausgabendisziplin war mal urliberales Programm.
Auch die Kommunalisierung des Nahverkehrs und die Streckenreaktivierungen der 1990er Jahre in Rheinland-Pfalz unter der Ära Brüderle/Bauckhage waren nur mithilfe neuer Kredite möglich.
Aber das nur nebenbei.
Ich fordere den Ausbau des Nahverkehrs zu dem auch Reaktivierungen gehören, mit Augenmaß.
25 Millionen Euro für 12 km Strecke sind zuviel, denn wir haben dieses Geld nicht.
Es muß geliehen werden.
Bei einem durchschnittlichen Zinssatz und einer durchschnittlichen Tilgung dauert es 40 Jahre, bis dieser Kredit zurückgezahlt ist. Doch bis dahin stehen erfahrungsgemäß mindestens zwei größere Instandhaltungsinvestitionen an, die noch einmal mit 20 % der ursprünglichen Summe zu Buche schlagen, das sind wiederum rund 5 Millionen Euro.
Da der Kostendeckungsgrad des Nahverkehrs unter optimistischsten Bedingungen nur 60 % beträgt, kann die Strecke nicht einmal die reguläre Tilgung alleine erwirtschaften, also müssen 40 % der Tilgung und auch die Instandhaltungsinvestitionen anderweitig finanziert werden und da die Steuereinnahmen eher zurückgehen als steigen werden diese Mittel wieder durch neue Kreditaufnahmen beschafft werden müssen.
Fertig ist das, was der Volksmund mit "Schuldenspirale" bezeichnet.
Aber das war nur ein kleiner Ausflug in die Wissenschaft der öffentlichen Finanzen.
Ich wiederhole daher meine schon einmal geäußerte Reaktivierungsvariante:
Eine preisgünstige Ertüchtigung der Strecke, z.B. mithilfe auch von ArGe und Langzeitarbeitslosen (Freischnitt, Ausbesserungen von Bahnsteigen, Ergänzen bzw. Aufstellen von Beschilderungen etc.) und die Aufnahme eines Pendels mit der Baureihe 628, die man ja bald -neues Dieselnetz Südwest sei dank- in Rente schicken will, obwohl die Fahrzeuge sehr gut erhalten und leistungsfähig sind.
In späteren Jahren können dann -wieder mit Augenmaß- weitere Investitionen "nachgeschossen" werden.
Aber ich äußerte ja schon den Verdacht, daß an einer solchen praktikablen Lösung niemand interessiert ist.
Das mag auch daran liegen, daß wir verwöhnt und maßlos geworden sind, während wir gleichzeitig die öffentliche Verschuldung anprangern.
Ein unlösbarer Widerspruch?
Re: Reaktivierung HOM-ZW
Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 12:55
von Florstädter
Moin …
da ja hier in meinem Dunstkreis auch einiges an Reaktivierungspotenzial vorhanden ist ,
und sich dafür auch eingesetzt wird , verfolge ich natürlich solche Bemühungen in anderen
Gegenden sehr genau .
Was mir in letzter Zeit aufgefallen ist …die Hunsrücker sollen ja ein recht eigenwilliges
Völkchen sein , aber das scheinen die Saarländer wohl unbedingt Toppen zu wollen .
Zumindest was die Eisenbahn betrifft .
Ich habe mir jetzt alles verfügbare zum Thema Verlängerung der S-Bahn angesehen .
2 Gutachten hat es schon gegeben , ein 3. wurde verschoben und die
Kosten – Nutzen – Rechnung steht auch noch aus .
Für das Geld das bisher dafür ausgegeben wurde könnten woanders ganze Strecken
Reaktiviert oder weiterbetrieben werden .
Wenn ich dann noch lese das auf das Saarland der kleinste Kostenanteil fällt dann muß ich
mich einfach mal verwundert am Kopf kratzen und mich fragen ….wie Pleite sind die denn
oder warum mauern die im Saarland so .
Ansonsten schließe ich mich meinen Vorrednern florian103113 und Horst Heinrich
voll und ganz an , weitgehends sogar Wort für Wort .
Warum gleich eine Luxusreaktivierung mit allem drum und dran ??
Ich würde erst einmal die Kosten – Nutzen – Rechnung aufstellen ,
aber auf seriöser Basis .
Dann die Strecke befahrbar machen mit 628er betreiben und feststellen wie sie wirklich
angenommen wird .
Wenn dann alles OK ist kann man wie Horst Heinrich angeführt hat die Sache ausbauen ,
oder wenn das Fahrgastaufkommen nicht ausreicht auf einen weiteren Ausbau verzichten .
Aber auch ich bin der Meinung man sollte nicht unbedingt Geld ausgeben das man eh
nicht hat , daß man sich teuer beschaffen müsste und auch lange zurückzahlen muß .
Zum Schluß noch ein Zitat von saarrepi :
Frau Barbara Spaniol hat die etwa 40 Besucher alle am Eingang des Clubheims in Einöd
persönlich begrüßt! ……….. GANZ TOLL
Ebenfalls haben wir Frau Spaniol auch die Faktensammlung und Ideen zur Hochwald- und
Hunsrückbahn übergeben.
Sie wird sich nach dem Wahlkampf einlesen und die Geschichte begleiten.
……… mal sehen ob sie sich NACH DER WAHL noch daran erinnern kann .
Gruß Uwe
Re: Reaktivierung HOM-ZW
Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 15:10
von Horst Heinrich
saarepi hat geschrieben: Und noch eins, wer denkt der Staat könne jemals seine 2 Billionen Euro Schulden zurück zahlen, der hat bei den Grundrechenarten nicht aufgepasst.
Das könnte er ohne weiteres!
Das Geldvermögen ihrer "Bürgen" (private Haushalte) beträgt 5 Billionen Euro, Sachwerte (Häuser, Grundstücke etc.) eingerechnet sogar 10 Billionen Euro, also müssen sich die "Schuldner" (öffentliche Haushalte) eigentlich wegen ihrer Verpflichtungen von 2 Billionen Euro keine Sorgen machen und auch die Gläubiger (Banken) können beruhigt schlafen gehen.
Vereinfacht könnte man sogar sagen: Wenn das Vermögen fünf mal höher ist als die Verbindlichkeiten, ist diese Gesellschaft an und für sich sehr gut aufgestellt.
Der Staat kann also streng genommen entspannt weiter Schulden machen, denn sie sind ausreichend "besichert".
Der Staat ist daher auch ein gern gesehener Kreditnehmer und insofern könnte man sagen: "Was scheren uns 25 Millionen Euro..."
Außerdem kommt das Geld ja auch praktisch wieder "unters Volk", denn die Reaktivierungsarbeiten sichern Arbeitsplätze und anderes.
Trotzdem bin ich für eine Ausgabendisziplin auch bei Bahnprojekten, allein schon wegen der Seriosität gegenüber dem Bürger, der erweiterte volkswirtschaftliche Kenntnisse zum Verstehen der Zusammenhänge nicht besitzt und stattdessen das Gefühl hat, jeden Monat weniger im Portemonnaie zu haben, während die öffentlichen Haushalte Geld mit vollen Händen ausgeben.
Und noch ein Wort zu dem Verbundwahnsinn und dem föderalen Eiertanz, der immer wieder nötig ist, wenn eine Bahnstrecke zwei oder sogar drei Bundesländer durchschneidet.
Da werden doch sicherlich auf 12 km Strecke praktikable Lösungen möglich sein, denn schließlich kann ich ja andernorts mit einem Ticket gar 120 km bereisen.
Und vielleicht ist es auch mal an der Zeit, die Existenz so manchen Verkehrsverbundes infrage zu stellen, der in erster Linie nichts anderes als eine große öffentlich finanzierte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist.
Re: Reaktivierung HOM-ZW
Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 18:36
von Florstädter
Danke für die zusätzlichen Ausführungen ,
man lernt zu diesem Thema nicht aus
Gruß Uwe
Re: Reaktivierung HOM-ZW
Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 20:12
von Horst Heinrich
Florstädter hat geschrieben:Danke für die zusätzlichen Ausführungen ,
man lernt zu diesem Thema nicht aus
Gruß Uwe
Auch ich möchte mich für diese Zusatzinfo's bedanken.
Man müßte eigentlich ein Schwarzbuch herausgeben:
"BAHNSINN 2015 - Falsch VERBUNDen
Warum Züge nicht dort fahren wo sie könnten und warum sie dort, wo sie fahren viel Geld verbrennen.