Claus sagt: "Gut, was hat der Pfarrer bei Monreal gegen mir gesagt? Ich glaube, es war '
versuche die normale Geschichte zu folgen'. OK: dann brauche ich jetzt
drei Weisen aus dem Osten. Mal sehen. Martin, wo bist du eigentlich her?"
"Ich komme aus Wittenberg, wieso?" antwortet Martin Luther.
"Wittenberg. DDR. Osten, also." sagt Claus barsch. Er will schlafen, aber zuerst soll die ganze Geschichte fertig sein. "Aha! Das Denkmal! Nepomuk! Der war Bischof in Prag! Prag ist auch Ost-Europa. Bingo!"
"Und Nummer drei?" fragt Jens.
"Die wird du jetzt holen. Guck mal draussen. Ich dachte, soeben etwas Lärm zu hören. Die 'Höhere Mächte' haben bestimmt etwas arrangiert."
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Einige Minuten später kommt Jens zurück zusammen mit eine blasse Weihnachtsmann. Der kann das Bier das Jens ihm gibt gut gebrauchen.
"Ho ho ho, das war ein Schreck.... Ich fliege in meine Schlitten in die Nähe des Viadukts und plötzlich werde ich fast von zwei Gewehrkügeln erschossen. Meine Rentiere erstarrten von Schreck und selbst war ich auch ganz erschrocken..."
Die zwei Jäger blicken schuldbewusst nach einander... Das waren bestimmt die zwei Schüsse die sie soeben in die Luft zielten statt Richtung die Schweinen...
"Ha! Ausgezeichnet!" ruft Claus. "Du bist ganz im rot gekleidet. Deshalb sage ich, du bist eine verfluchte Kommunist und deshalb bist dus 'aus dem Osten'! Jetzt haben wir die drei Weisen aus dem Osten. Gebe mal rasch einige Geschenke an Maria und das Kind!"
Weihnachtsmann und Martin Luther werden Richtung Krippe geschoben. Danach zerbrechen Jens und Claus sich fast ihre Rücken beim verschieben des Nepomuk-Denkmals. Martin Luther hat die Zeit benutzt um seine Bibel aufzuschlagen und fängt an zu reden.
"Zu ein Geschenk gehört eine kurze Rede. Das Denkmal sagt nichts und der Weihnachtsmann ist schon am dritten Bier, deshalb werde ich es machen. Eine kurze Predigt mit drei Punkte.
Es ist hier allesamt doch ein bisschen komisch. Wir kennen allen die ursprüngliche Geschichte mit Bethlehem, die Krippe und die Hirten uzw. Aber jetzt ist es 1970 hier in eine Lokschuppen. Was sollen wir damit? Ich habe soeben schnell gelesen was da in die ursprüngliche Text in Lukas 2 geschrieben ist. Und ich sehe drei auffallende Unterschiede. Ohne erklären zu willen oder gar können was hier jetzt in Kelberg passiert, meine ich doch etwas feines sagen zu können (und dürfen).
Der erste Unterschied. Wir sehen hier Jäger und Schweinen statt Hirte und Schafen. Damals in Israel, in die Zeit des alten Testaments, waren Schweine unreine Tiere. Hier bei euch in West-Deutschland gibt es viele Gastarbeiter aus die Türkei und ab und zu sieht man eine Metzgerei der 'halal' ist. Das meinst u.Ä 'kein Schwein'. Das ist dasselbe. Gucken wir dann auf Jesus... Eh... Ich meine, der Jesus von damals, nicht das Herrchen hier die so komfortabel in die Krippe liegt mit eine warme Katze... Eh, na gut, Jesus also, der blickte in viele Hinsichten viel anders auf die Regel und Gebote seiner Vater als die 'Kirche' seiner Zeit. Die hatten damals viele Regel bis ins absurde hinausgezogen. Das sollte mal wieder 'normalisiert' werden. Jesus machte also Dinge wovon die feine Leute seiner Zeit grauten. Er redete und aß offen mit ausländische Erbfeinde, mit Huren und mit Römische Steuerbeamte, zum Beispiel. Er akzeptierte diese Leute (obwohl 'akzeptieren' nicht automatisch bedeutet, das alles was man macht erlaubt ist!).
Deshalb mag ich es das wir hier jetzt Schweine statt Schafen haben: auch Schweinen werden akzeptiert."
Der Weihnachtsmann holt ein paar prachtige sanfte Schafschenkel aus seine Sack. Zur große Freude von vor allem Jens und Claus der wohl einiges zu essen brauchten.
"Der zweite Unterschied. Wir befinden uns in eine Lokschuppen statt eine Stall. Ein 'Haus von Technik und Verbindung'. Technik, Ekonomie, Fortschritt: es wird manchmal gegenüber das Glauben gesetzt. Bei uns im Osten, in die DDR, wird das wohl sehr explizit gemacht: 'ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein'. Mit nur unsere eigene Kraft und Technik schaffen wir das. Das endgültige rationelle Paradis. Aber ich denke, diese Gegenüberstellung gibt es gar nicht! Technik, Fortschritt: daran ist nichts falsches. In Genesis (1.Moses) wird schon gesagt, der Mensch soll die Erde bebauen, beherrschen. Technik und Wissenschaft gehören einfach dazu. Es gibt hier in Deutschland viele Bahnstrecken. Einige sind zwar für Kriegszwecken gebaut, aber die meiste werden jetzt dafür benutzt Güter und Personen durch ganz West-Europa zu befördern. Fast eine gemeinsame Markt. Es gibt sogar eine Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, zum Beispiel. Deutschland und Frankreich zusammen.... Undenkbar ohne Verbindungen. Verbindungen sind gut.
Schaue auch mal auf das Römische Reich. In Films wie 'Ben Hur' und 'quo vadis' gibt es immer wieder ein paar Gläubigen der von den Römer ermordet werden, doch? Also 'Rom=schlecht'. Oder doch nicht: ich meine, das Römische Reich kam gerade rechtzeitig. Davor gab es eine Haufen von kleine Staaten, so etwas wie unsere Deutsche 'Kleinstaaterei'. Bei jede Grenze lauerte Gefahr. Und dann kam Rom: ab Israel bis Gibraltar freie Fahrt. Gute Verbindungen. Maßgeschneidert, doch, wenn man eine Evangelist wie Paulus durch die ganze bekannte Welt schicken will? Leider gab es damals kein Zugverkehr "
Der Weihnachtsmann reicht Maria eine hölzerne Eisenbahn.
"Der dritte und letzte Unterschied. Wir! Die Weisen aus dem Osten. Damals war es eine Ehrentitel. Dort im Osten gab es schrecklich kluge Leute. Und jetzt in 1970? Der eiserne Vorhang. Das schreckliche Osten. Warschau-pakt. Bis die Zähne bewaffnet. Und hier in West-Deutschland mit eure NATO-Freunde gibt es auch eine Riesenmenge an Waffen. Kasernen durch das ganze Land. Was gibt es hier nicht allemal? Ulmen mit seine Ausbildungskaserne. Daun mit ein Luftverteidigungsbattalion. Südlich ovn Ulmen die Flugplatz Büchel. Amerikaner bei Bitburg. Usw. Die Düsenflieger hört man jede Tag. Wird es je Friede geben?
Meine Hoffnung ist nur was heute Abend zu Schwein und Jäger gesungen wurde: Frieden auf Erde. Wie unlogisch und unmöglich es auch klingt. Der eiserne Vorhang scheint unzerbrechlich. Aber auch der
wird einmal niederfallen. Tear down this wall wird jemand mal sagen. Das wird wohl gegen ein andere Sovietführer als Leonid Brezhnev sein...
Woher kommt meine Hoffnung? Gucken wir mal nach Jesaja 2:4, dort wird von mächtige Völker gesagt 'Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen'. Die Amerikaner werden Bitburg räumen. Und auch Kampfflugplatz Hahn wird umgestaltet für Touristenfluge. Kann es schöner werden? Das ist was ich lerne von dem dritten Unterschied."
Der Weihnachtsmann weint ein bisschen von Ergriffenheit. Und er holt eine große Packung Lego aus seine Sack. Damit kann Jesus später schön Mauer bauen und auch wieder abbrechen.
Würde es wirklich mal Friede geben? Würde der eiserne Vorhang wirklich mal fallen? Das wäre doch unmöglich...
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Die Jäger, Schweinen, Weihnachtsmann, alle sind fort. Das Denkmal sagt nichts. Der Lok kocht leise sein Wasser. Sogar Claus schlaft sanft.
Moritz guckt herum nach alle schlafende Menschen. Danach drückt er sanft seine Nase gegen Jesus und schlaft auch wieder ein.
Zzzzzzzzzzz.
Mit freundlichen Grüßen,
Bahnhof Kelberg