Ich möchte keinem zu nahe treten, aber wir müssen aufpassen, daß wir uns als "Eisenbahnvisionäre" nicht lächerlich machen, denn manche hier geäußerte Idee ist auch schon sehr absurd und selbst bei positiv gestimmter Betrachtung unrealistisch.
Der "Hüttenarbeiter aus Sohren" ist ein Konstrukt, den es nicht mal in der Blütezeit der Hunsrückquerbahn gab und der mit Sicherheit heute -selbst bei optimaler Fahrplangestaltung- mit dem eigenen Pkw anreisen würde.
Die Hunsrücker Bahnen waren bis zuletzt vorwiegend Güterbahnen, der spärliche Personenverkehr diente zu 90% dem Erreichen der nahen Mittel- und Kleinzentren.
Die ehemaligen Bahnbediensteten, die ich zwischen Hermeskeil und Langenlonsheim noch kennengelernt habe, bestätigten mir, daß sich das Gros der verkauften Fahrkarten (90 Prozent) auf die Entfernungsbereiche bis max. 30 km erstreckte, im Durchschnitt ging es um die Entfernungen 11-20 km.
Um beim Beispiel Sohren zu bleiben:
Der Sohrener fuhr also mal nach Simmern, seltener nach Morbach, Berufspendler ebenso, weiter entfernt liegende Ziele wurden so gut wie gar nicht angesteuert.
Warum letztlich die Hunsrückquerbahn schon kurz nach ihrer Erbauung im Personenverkehr chancenlos war, kann man auf Markus Götterts Seite
http://www.hunsrueckquerbahn.de sehr gut nachvollziehen, wenn man sich die abgedruckten Fahrpläne und
Reisezeiten ansieht.
Schon in den 1930er Jahren hatten die Postbusse der Region dreimal soviele Fahrgäste wie die Züge.
Auch verlief die Bahnstrecke hinsichtlich der geographischen Orientierung der Bevölkerung ungünstig - und sie tut es noch heute.
Z.B. orientierte sich der gesamte Morbacher Raum schon immer Richtung Bernkastel und Idar Oberstein und nicht Richtung Simmern und Hermeskeil.
Die Hermeskeiler wiederum fuhren nach Trier und nicht nach Saarbrücken usw.
Wie die Einstellung der ländlichen Bevölkerung trotz guten Schienenverkehrs zur Bahn ist, erlebte ich in den 1980er Jahren, als ich meine Frau und deren Verwandte väterlicherseits im Raum Kusel kennenlernte.
Daß wir von Bingen-Gaulsheim fast geschlagene drei Stunden mit dem Zug nach St.Julian unterwegs waren, sorgte regelmäßig für Erheiterung und nicht selten für zornige Reaktionen:
"Ihr seid ja bekloppt, was für eine Zeitverschwendung".
Mein hin und wieder geäußerter Vorschlag, die stillegungsgefährdete Bahnstrecke Lauterecken-Kaiserslautern zur Fahrt zum Arbeitsplatz ins Lauterer Opelwerk zu benutzen, sorgte regelmäßig für große Erheiterung:
"Lieber gehe mer ze Fuß".
Manchmal fragt man sich, für wen oder was man für die Erhaltung ländlicher Bahnstrecken kämpft.
In Rheinhessen scheint das ganze lohnender als in Hunsrück, Eifel und Westerwald, hier hat die Bahn eine gute Reputation in der Bevölkerung.
Deswegen widme ich auch @Sebbels Vorschlag so große Aufmerksamkeit.
Vielleicht hat die Hunsrückquerbahn innerhalb eines weitläufigen Konzeptes gute Chancen, im Bereich Nahverkehr hingegen war der Zug schon 1976 nicht ohne Grund abgefahren.