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Re: [vlexx] Nahe: Mehr FKA, mehr ZuB, mehr Züge ...

Verfasst: Sa 13. Dez 2014, 21:59
von Dieselpower
Das ist ja noch lange nicht alles, der "Lokführer" - vor allem im Nahverkehr - ist kein attraktiver Beruf mehr:
- Defekte und vollgesch..... Toiletten begutachten, ggf. instandsetzen, bei manchen EVUs sogar absaugen
- Meist allein auf weiter Flur, der einzige Kummerkasten, der dem Reisenden (und dem Pöbel) greifbar erscheint
- Irgendwo abgestellte Fahrzeuge, Arbeitswege ohne Winterdienst statt Fahrzeuge im Bw
- Hilflos ausgeliefert bei Eskalationen, oft ohne eigenen Ausgang im Führerraum
- Machtlos bei Vandalismus oder Konfrontationen - andernfalls steht wieder was vom "bösen Zugfahrer" in der nächsten BLÖD
- Nachts, Feiertags, der Dienstplan kennt kein Tabu, der moderne mobile Mensch erwartet auch am Heiligabend um 23 Uhr einen Zug
- Moderne, aber störanfällige Plastikbahnen, von denen keine Faszination mehr ausgeht - jede 212 war ein erhabenerer Arbeitsplatz
- Keine Lobby, kein Respekt mehr vor der erbrachten Arbeit, der Fahrgast ist König und der Lokführer sein Chauffeur
- Häufig keine Rückendeckung vom Arbeitgeber - der "Andere" hat immer Recht

...und das für 1.500 Euro?

Re: [vlexx] Nahe: Mehr FKA, mehr ZuB, mehr Züge ...

Verfasst: So 14. Dez 2014, 12:22
von Wolfgang Riedel
Dieselpower hat geschrieben:- Nachts, Feiertags, der Dienstplan kennt kein Tabu, der moderne mobile Mensch erwartet auch am Heiligabend um 23 Uhr einen Zug
Dieselpower hat geschrieben:...und das für 1.500 Euro?
Hallo zusammen,

diese Situation ist nicht nur bei Lokführern so...

In einem Angebotsblättchen, die einem ja jedes Wochenende in einem dicken Packen ins Haus flattern, stand diesmal drin :

Geänderte Öffnungszeiten im Dezember :

23.12.2014 8:00 Uhr bis 24:00 Uhr
24.12.2014 7:00 Uhr bis 14:00 Uhr
31.12.2014 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr
die restlichen Arbeitstage 8:00 Uhr bis 22:00 Uhr

... und das vielleicht, für oftmals weniger als 1.500,-- € netto.

Ich bin zwar in einem Industriebetrieb beschäftigt und bekomme mehr, aber nach 20:00 Wochentags und nach 14:00 Uhr Samstags gehe ich nicht mehr einkaufen.

Aber es gibt auch Zeitgenossen, denen reichen diese Öffnungszeiten noch nicht mal; wenn es nach denen ginge müssten alle Läden rund um die Uhr auf haben; wenn's geht auch Sonntags.

Ich habe noch eine Zeit kennen gelernt, da wurden die Geschäfte Montag bis Freitag um 9:00 Uhr geöffnet - um 18:00 Uhr war Schluss. Samstags auch von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Die meisten Läden hatten auch Mittwoch nachmittags geschlossen.

Es gab kein "Mitternachtshopping", "verkaufsoffener Sonntag" oder ähnliches, trotzdem ist keiner damals "verhungert" oder hatte nichts zu Hause....


Irgendwie lese ich einen gewissen "Pessimismus" aus den vorherigen Beiträgen, der vielleicht auch berechtigt ist..., trotzdem sollte der neue Bahnbetreiber eine Chance bekommen.

Viele Grüße

Wolfgang Riedel

Re: [vlexx] Nahe: Mehr FKA, mehr ZuB, mehr Züge ...

Verfasst: So 14. Dez 2014, 13:26
von Dieselpower
Och, da brauchste mir nichts zu erzählen - als Meistersohn in einem kleinen Bäckereibetrieb (Man kam ja nicht schon als Lokführer auf die Welt) kann ich über solche Uhrzeiten auch nur müde lächeln, ich hab selbst jahrelang Brötchen verkauft - da spazierten Samstags um 15 Uhr (Man war schon beim Putzen...naja "schon" - man hat da ja auch schon 9 Stunden hinter der Theke gestanden, die Backstube hatte 18 Stunden zuvor angefangen) unausgeschlafene Studenten herein - ich kann nicht dafür, daß es so ist - und bemängelten wie ein Gaul gähnend die nur noch geringe Auswahl...

An Silvester klingelte auch schon mal das Telefon um 16 Uhr, man habe sein Brot noch nicht abgeholt, bis wann man dann kommen könne, und war obendrein auch noch entrüstet, daß die Ware eingefroren worden war, anstatt Lebensmittel vertrocknen zu lassen. Also wenn ich eine Party gebe, merke ich doch, wenn etwas elementares wie die Partybackwaren fehlen....jetzt mußten die armen gestreßten Leute das Brot auch noch auftauen - oje oje...! Und das war schon vor 20 Jahren so - heute ist es noch schlimmer!

Und die, die bei "Öffnungszeiten 8:00 bis 18:00Uhr" um 17:57 hereinspazieren, sind die selben, die dann bei auf 20 Uhr erweiterten Zeiten um 19:57 Uhr kommen...schaut mal nach, wer abends um kurz vor zehn an der Supermarktkasse steht: Schüler, die eigentlich schon ins Bett gehören, und sich ihre Mixgesöffe holen, Rentner, die sowieso die termingeplagteste Gruppe darstellen, aber "Moment mal, 97 Cent habe ich klein!" zum Feierabend - und nicht selten auch die Arbeitsscheuen mit ihrem Einwegfraß.

Ich glaube, es wäre dem "wieder auf den Teppich kommen" zuträglich, wenn jeder ein halbes Jahr im Verkauf oder in der Dienstleistung arbeiten müßte...ich kann immer nur kopfschüttelnd lächeln, wenn unsere junge Garde als Berufswunsch "Irgendwas mit Menschen" äußert - als Alternative zu "Superstar" oder "Das mit dem Hartz"...aber das führt jetzt zu weit OT!

Re: [vlexx] Nahe: Mehr FKA, mehr ZuB, mehr Züge ...

Verfasst: So 14. Dez 2014, 19:45
von Horst Heinrich
Wenn man nicht so anständig erzogen wäre und sich auch morgen noch ohne Scham im Spiegel betrachten wollte, hätte man sich dieses von Grund auf kranke Wirtschaftsleben schon längst zunutze gemacht und irgend ein subventioniertes Dienstleistungsunternehmen gegründet, das die "Dienstleister" immer reicher und den Menschen an vorderster Front immer ärmer macht.
Es ist nicht eine Branche, die nicht an dem Mißverhältnis zwischen dem, der arbeitet und dem, der "organisiert", "verwaltet" oder "managt" leidet.
Man kann sich das neue Unternehmen vlexx ja mal ansehen:
Wieviele sind denn da zu welchem Gehalt "vorne" am Kunden und wieviele sitzen zu welchem Gehalt in den Marmor- und Edelstahltürmen?
Wie gesagt-es ist eine Frage der guten Erziehung, sonst würde man schon längst im Segment der Schaumschläger mitmischen und für viel Geld heiße Luft produzieren.

Und zum Thema Ladenöffnungszeiten:
Schon vor 50 Jahren wußte man, daß sich mit einer Ausweitung der Ladenöffnungszeiten nicht automatisch auch das für den Konsum verfügbare Einkommen ausweitet.
Der Discounter-Einzelhandel spart lediglich die immensen Lager- und Beräumungskosten, da man zwischen 22 und 7 Uhr gewissermaßen alles in der Verkaufsfläche belassen kann, was früher kostspielig in die Lager verbracht wurde.
Ein durchschnittlicher Supermarkt spart hier allein im Bereich der frischen oder gekühlten Lebensmittel jährlich zehntausende Euro, weil Lagerfläche und Stromkosten reduziert werden konnten.