Westeifelbahner hat geschrieben: Aber was ist bzw. wäre teurer gewesen?
Der Grundgedanke ist doch schon falsch:
Wenn der Radweg billiger ist als eine Bahnstrecke bauen wir ihn, wenn nicht, belassen wir es bei der Bahnstrecke.
Mit der gleichen Grundhaltung könnte man sich die Frage stellen: Bolzplatz oder Grundschule bzw. Fitneßstudio oder Universität?
Ein Radweg ist eine Freizeiteinrichtung, eine Bahnstrecke eine Infrastruktur.
Der Erhalt einer Bahnstrecke ist auf jeden Fall schon einmal preiswerter als ein Neubau bzw. eine Wiederinbetriebnahme.
Sehr schön erkennbar am Beispiel Heimbach-Baumholder (9 km) und Diez-Zollhaus (13 km).
Erstere Strecke wurde nach Einstellung des Personenverkehrs 33 Jahre lang für den Güterverkehr vorgehalten.
Kosten der aktuellen Reaktivierung für den ÖPNV: Ca. 2,5 Millionen Euro.
Diez-Zollhaus:
Die Strecke gammelt seit 20 Jahren dahin. Kosten für die Wiederaufnahme des SPNV: 13 Millionen Euro.
Ein anderes Beispiel:
Der Radweg auf der ehemaligen KBS 411 zwischen Bergisch-Born und Hilgen.
Kostenpunkt: 2,9 Millionen Euro für 6,4 km zuzüglich 20.000 Euro p.a. Unterhaltungskosten.
Das sind 453000 Euro pro Kilometer.
Aber, wie gesagt, die Grundlogik ist schon verkehrt.
Niemand käme doch auf die Idee, seine Garage abzureißen und auf der freigewordenen Fläche einen Spielplatz zu errichten, nur weil er gerade mal kein Auto besitzt oder für eine gewisse Zeit den Führerschein abgeben muß.
Ich habe mir vor ein paar Jahren im Zuge der Hunsrückquerbahnreaktivierung einmal die Mühe gemacht, auszurechnen, was der Bau dieser Bahnstrecke heute kosten würde. Ich kam einschließlich der Kunstbauten auf einen Betrag von rund 500 Millionen Euro (130 km von Langenlonsheim nach Türkismühle).
Jeder BWL-Student lernt im ersten Semester, daß man gewisse Teile des Gewinnes in den Substanzerhalt der Betriebsanlagen (Instandhaltungsrücklage) re-investieren muß, 3% p.a. der Baukosten sind gut, 5 % p.a. sind besser.
Für privates Wohneigentum gilt dasselbe (Peterssche Formel).
Geht man von den Baukosten für 1 Kilometer Bahnstrecke i.H.v. 1.000.000 Euro aus, wären dies bei 3 % 30.000 Euro pro Jahr. Damit könnte man jede Schieneninfrastruktur in Deutschland so vorhalten, daß jederzeit Zugverkehr möglich wäre.
Das alles ist aber eine Frage des politischen Willens und nicht zuletzt der substanzwahrenden Wertschätzung.
Eine Gesellschaft jedoch, die (Sloterdijk: Die schrecklichen Kinder der Neuzeit) das Ererbte nicht (be)wahrt, sondern bereit ist, selbst fundamentale Werte der Beliebigkeit des Augenblicks zu opfern, wird immer weniger willens und in der Lage sein, die ihr anvertraute Substanz in die nächste Generation hinüberzuretten.
Und bei dieser Problematik sind betriebswirtschaftliche Fragestellungen ("Was ist günstiger?") nebensächlich, weil man mithilfe finanzmathematischer Methoden sogar nachweisen könnte, daß sich weder der Kölner Dom noch der Eiffelturm "lohnen".