Rolf hat geschrieben:Ist die Bahn mit 90 Min. bis Mainz schneller als in früheren Zeiten? Und, sind die 90 Min. das obere Ende der Fahnenstange oder könnte man mit Neigetechnik mehr rausholen (angeblich soll die Strecke ja auf den "neuesten Stand" gebracht werden).
Wenn wir von "früheren Zeiten" sprechen, müssen wir in die 1960er und frühen 1970er Jahre zurückgehen, denn ab 1976 war ja der Abschnitt Hermeskeil-Simmern ohnehin im Pv stillgelegt und ab 1984 auch der Rest.
Dann muß man wissen: Die Hunsrückbahn(en) hatten so gut wie keine überregionale Bedeutung.
Schon die Fahrt von Simmern nach Bad Kreuznach glich -heutigen Maßstäben gemäß- einer kleinen Weltreise.
Für eine Relation Büchenbeuren(Hahn) - Mainz gab es nie befriedigende Angebote, aber auch fast keine Nachfrage. Der gesamte Nebenbahnbetrieb im Hunsrück war vorrangig auf die Zuführung der Bevölkerung zu den Mittelzentren und Schulstandorten Morbach, Simmern, Kastellaun und Boppard bzw. zu den an den Strecken gelegenen Arbeitgebern (z.B. Sägewerke, Papierfabrik, Möbelwerke, Maschinenfabrik BOMAG etc.) ausgerichtet.
Mal angenommen ich wollte im Sommer 1974 von Büchenbeuren mit dem Zug nach Mainz. Frühester Zug: Büchenbeuren ab 6.28 Uhr. Vorher fuhr nicht mal der Bus. Ankunft in Langenlonsheim (es handelte sich um einen der letzten durchgehenden Züge Hermeskeil-Langenlonsheim) um 8.04, Ankunft in Bingerbrück: 8.14 Uhr. Weiterfahrt nach Mainz ca. 8.55 Uhr, Ankunft Mainz gegen 9.30 Uhr. Nettofahrzeit: 122 Minuten.
Über Bad Kreuznach wäre es auch nicht schneller gegangen.
Schon drei Monate später war der Personenverkehr eingestellt, mit dem Bahnbus Büchenbeuren-Stromberg-Bingen war man noch mal 20 Minuten länger unterwegs, weil er noch weitere Dörfer abseits der Strecke abklapperte, z.B. Dillendorf, Mutterschied usw.
Seit den 50er Jahren bereits konnte es der SPNV im Hunsrück mit dem Auto
nicht mehr aufnehmen. 1970 war die Autobahn Bingen-Rheinböllen fertig und es begann der Umgehungsstraßenbau der B 50 Richtung B 327. 1974 war die A 61 von Speyer bis Koblenz durchgehend befahrbar.
Damals bewältige ein Kollege meines Vaters die Strecke Ellern-Ingelheim in 35 Minuten. Mit dem Zug wäre er 80 Minuten unterwegs gewesen zuzüglich 10 Minuten Fußweg vom Bf Ingelheim ins Boehringer-Gelände.
Zu einer Erhöhung der Fahrtgeschwindigkeit: Bedingt durch die Streckentopographie mit zum Teil abenteuerlichen Kurven und bisweilen unrationalen Streckenführungen (beispielsweise zwischen Simmern und Rheinböllen) , das Vorhandensein zahlreicher Bahnübergänge die nicht aufgelassen werden können, weil sie regional wichtig sind, wo also entsprechende Schließzeiten mit Sicherheitspuffern zu berücksichtigen sind, die Einarbeitung der Hunsrückzüge in die Strecken Bingen Hbf-Bad Kreuznach und Bingen Hbf-Mainz einschließlich Führerstandswechsel in Bingen Hbf kann man schon jetzt damit rechnen, daß 90 Minuten bereits das Optimum darstellen.