Hallo Eisenbahnfreunde,
wie viele wissen, begann ich meine Lokführertätigkeit im Güterverkehr. Er ist immer noch mein Steckenpferd, denn nur in Güterzügen gibt es die Vielfalt an Lokbaureihen und Wagenbauarten. Kein Tfz, kein Waggon ist wie das/der andere, und es macht einfach Laune, 500 oder 700 Meter hinter sich herzuziehen.
Ein Zug der ganz besonderen Art ist zweifellos die Fahrt des mit einem Großtransformator beladenen Tiefladewagens der Bauart Uaai 839. Diesen "Tausendfüßler" mit 32 Achsen durfte ich am Samstag, 28. April 2001 von Koblenz-Lützel nach Linz/Rhein befördern. Es handelte sich um einen der Reservetransformatoren des Kernkraftwerkes Mülheim-Kärlich, welcher nach Niederaußem gebracht wurde.
Die Fahrt gehört zu meinen schönsten Erlebnissen bei der Eisenbahn.
Die Fahrplanmitteilung ist sehr gehaltvoll und vielversprechend. Sie besteht aus 5 Seiten, davon enthalten 3 Seiten Anweisungen für die Fahrt. Man liest so schöne Sätze wie:
km 87,040 (Vorsignal r1/r2) Halt! Ladebrücke verschieben und
mit Schrittgeschwindigkeit unter Beobachtung vorbeileiten.
Bei derartigen Lademaßüberschreitungen sind viele Gegenstände im Weg. Um trotzdem an diesen Hindernissen vorbeizukommen, können die Tragschnäbel des Tiefladewagens seitlich verschoben werden. Dazu muß der Zug anhalten, die Mannschaft verschiebt, es geht im Schritttempo am Hindernis vorbei, wieder anhalten, die Mannschaft verschiebt zurück - und dann erst kann weitergefahren werden. Alle paar Meter auf ein Neues - das ist extrem zeitraubend.
Auf der letzten Seite stehen die Fahrzeiten: von 23:00 Uhr bis 03:00 Uhr - geschlagene 4 Stunden für eine Strecke von normalerweise 30 Minuten (die ersten 26 Minuten bis zum Abzweig Kesselheim sind nur die Ausfahrt aus Lützel!).
Gerade hier kommt ein Vorteil von dieselhydraulischen Tfz zur Geltung: das extreme Langsamfahren über lange Zeit und lange Strecken macht der Lok nichts aus; der Drehmomentwandler im hydraulischen Getriebe kann ja Drehzahlunterschiede zwischen Motor und Radsätzen ausgleichen. Bei den älteren Ellok mit Kommutatormotoren könnten durchaus Motorwicklungen durchbrennen, wenn der Anker sich nicht schnell genug dreht. Drehstromloks wiederum sind für schnelles Rennen mit Kraft gebaut, aber für die Langsamfahrt schlichtweg unbrauchbar.
Damals besaß ich noch keine Digitalkamera, deswegen habe ich leider keine richtigen Fotos. Ich filmte den Zug allerdings nachmittags mit einer Videokamera. Nachdem ich jetzt endlich soweit bin, Snapshots zu machen, kann ich also trotzdem Bilder zeigen. Die Bildqualität ist aber natürlich sehr gering, und die Größe beträgt nur 370x290 Pixel.
Nun, die Reduktion der photographischen Dokumentation steht damit zwar in reziproker Relation zur Dimension des mobilen Monstrums, dies jedoch tangiere uns extrem peripher - es gelte einzig der Aspekt der Exorbitanz .
Als Zuglokomotive wurde mir 216 196-6 zugeteilt. Am Nachmittag stand sie noch abgestellt in Gleis 17.
Der Trafotransport in der gesamten Länge. Der Flachwagen steht vorne, hier kuppelte ich die Lokomotive an. Der Tiefladewagen ist Schlußläufer.
Auf dem K-Wagen wird Material transportiert.
Im Hintergrund der Werkstattwagen, vorne der Lü-Begleitwagen. Dieser hat ein seitliches Profilmaß sowie ein auskragendes Beobachtungsfenster.
Der Tiefladewagen, gegen die Fahrtrichtung betrachtet, mit der 27kV-Unterspannungsseite des Transformators.
Der Bedienstand am vorne laufenden Wagenende. Durch die Scheiben sieht man einen Teil der Hydraulikanlage.
Blick auf den Tiefladewagen in Fahrtrichtung.
Die Hydraulikanlagen am hinten laufenden Wagenende. Das weiße "Lineal" unten ist die Skala der Seitenverschiebeeinrichtung, mit der die Tragschnäbel um +/-550 mm verschoben werden können, um an Hindernissen vorbeizufahren.
Auf der anderen Fahrzeugseite befindet sich die 400kV-Oberspannungsseite des Transformators. Dort ist auch dessen Typenschild angebracht.
In dieser kleinen Galerie finden sich die wichtigsten Anschriften des Tiefladewagens: Wagennummer, Eigenmasse, Lastgrenzenraster, zulässige Geschwindigkeiten, Bremsgewicht, die größte zulässige Nutzlast von 454,0 t sowie der Hinweis, daß der Wagen am Schluß laufen muß und Nachschieben verboten ist.
Das Fabrikschild. Der Tiefladewagen wurde 1973 bei Krupp in Essen unter der Fabriknummer 16467 gebaut.
Im Auszug aus der Ril 934.9003 -Verzeichnis der Tiefladewagen- stehen die technischen Daten des Waggons.
Hier die wichtigsten Papiere - Bremszettel und Wagenliste. Man sieht sehr schön, wie leicht die Fuhre eigentlich ist - noch nicht einmal 800 Tonnen. Vernünftige, gut ausgelastete Güterzüge fangen erst bei 1400 t an . Die Tiefladewagen sehen schwerer aus, als sie eigentlich sind.
Bei der Zusammenstellung des Materials für diesen Beitrag stellte sich die Erinnerung an jenen Dienst sehr lebhaft ein. In der Hoffnung, doch noch gescheite Bilder zu bekommen, zog ich los - und wurde tatsächlich fündig !
Da ist doch glatt wieder ein Transport unterwegs ! Der Abbau des Kraftwerkes geht halt weiter .
Eine Nachfrage im "Rangierbahnhof" brachte die Möglichkeit von Nahaufnahmen:
Ganz Unerschrockene, die keine Angst vor Beulen im Monitor haben, können auch noch hier klicken.
http://img152.imageshack.us/img152/4580/uaai31rk9.jpg
So, für heute ist aber Feierabend. Jetzt kommen die Schlußscheiben drauf!
Uaai 839; oder: Lü DORA; oder: Dicke Dinger ;-)))!
Uaai 839; oder: Lü DORA; oder: Dicke Dinger ;-)))!
Zuletzt geändert von Z-Steller am Sa 8. Nov 2008, 22:23, insgesamt 1-mal geändert.
- Sven Ackermann
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