Westeifelbahner hat geschrieben:Dennoch muss man zwischen dem Widerstand gegen die geplante SPNV-Reaktivierung und dem grundsätzlichen Interesse an einem modernen, leistungsfähigen SPNV differenzieren. Letzteres finden, was ich wahrnehme, durchaus viele Bürger/innen charmant.
Gruß Westeifelbahner
Nur, wer sind diese Bürger/innen?
Handelt es sich bei den Bahnbefürwortern nicht um vorwiegend intellektuelle, jüngere "Bildungsbürger" mit einem weiteren Horizont, die eher an Morgen als an "Heute" denken und sich vorstellen können, daß ihre Kinder einst von Dockweiler-Dreis nach Köln zur Uni fahren oder sie selbst nach Trier mit dem Zug zu ihren Weihnachtseinkäufen gelangen können, um auch privat ein ökologisches Zeichen zu setzen?
Doch welchen Prozentsatz machen diese "Weiterdenkenden" aus?
Szenenwechsel.
Die frühen 1980er Jahre in Rheinhessen, KBS 661 (Bodenheim-Alzey), die kommunalen Entscheidungsträger sollten eine Stellungnahme zur beabsichtigten Stillegung abgeben. Ausnahmslos alle betroffenen Kommunen äußerten sich positiv zur Stillegung.
Grundtenor, der auch in der Bevölkerung vorherrschte: Die Zeit der Bahn ist 'rum, wir fahren jetzt Auto.
Wenn man damals die letzten Stammgäste -überwiegend Alte ohne Führerschein- im ETA 150 traf und fragte, wie ihnen ist, bekam man zur Antwort: "Es is jo schad, awwer 's Enkelsche fährt uns dann halt mit'm Auto".
Protestiert haben damals die intellektuellen Neubürger, die von Mainz aufs Land gezogen waren, und bei denen sich eine Verkehrswende schon im Kopf abgespielt hatte, doch das war eine als "Öko's" belächelte Minderheit, die man nicht ernst nahm.
So kam es, wie es kommen mußte - die KBS 661 wurde 1985 im Pv und ab 1989 im Gv stillgelegt und abgebaut.
Daß die Strecke 655 (Mainz-Alzey) nicht dasselbe Schicksal ereilt hat - ein reines Wunder und eine glückliche Verkettung der Umstände, denn heute kann man an ihr exerzieren, daß 200.000 Menschen unmittelbar von "ihrer" ländlichen Nebenbahn gewaltig profitieren.
Bevor aber die Kaisersescher soweit sind wie die Nieder-Saulheimer, dazu bedarf es noch einiger Einsichten beim "normalen" Volk und einer weitsichtigen, politischen Führungselite auf höherer Ebene, die einen aussichtsreichen Verkehrsweg gegen ein kurzsichtiges Volk und eine kurzsichtige, kommunalpolitische Kamarilla verteidigt, bis auch dem letzten tumben Holzkopf ein Licht aufgegangen ist.
Doch dieses Format, weitsichtige (verkehrs-)politische Weichenstellungen -ob in Eifel, Hunsrück, Westerwald oder anderswo im Land- vorzunehmen, dafür haben die Määnzer Witzfiguren nicht das Format.
Stattdessen machen sie -strategisch politisch schlau- mit der 85/15%-Regelung die Kommunen selbst zum Totengräber ihrer Strecke, denn die Määnzer Strippenzieher wissen genau, daß faktisch keine rheinland-pfälzische Landkommune in der Lage ist, diesen Eigenanteil aufzubringen, erst recht nicht, wenn damit die nächste Feuerwehrgerätehaus- oder Gemeindehausrenovierung auf der Kippe stünde.