
Der Mitarbeiter am Schalter (etwas älteren Semesters, möglicherweise noch einer der guten Bundesbahnbeamten) schickte zunächst seine Azubine in die Pause mit einem leichten Grinsen im Gesicht und mit den Worten: "Das mach ich selbst, das könnte jetzt etwas komplizierter werden!" - wobei ihm irgendwie eine gewisse Begeisterung über diese etwas knifflige Aufgabe deutlich anzumerken war.
Nachdem die frühe Rückfahrt an einem überzogenen Preis fürs London Spezial und einem nicht vorhandenen Kontingent für die Stammkunden-Belohnung scheiterte, klappte die erste Alternative (Früh hin, spät zurück) auf Anhieb. Sogar die Platzreservierung beisammen funktionierte, allerdings - wie ich erst zu Hause beim Besuch der Eurostar-Seite feststellte - hintereinander für hin und zurück. Das ist natürlich etwas blöd, aber ich war ja schon froh, daß das überhaupt so reibungslos lief. Eine E-Mail an Eurostar wurde bereits verschickt, vielleicht buchen die uns ja in gewohnt unbürokratischer Weise um. Und wenn nicht....der Zug hat 206 Plätze erster Klasse, davon 144 vis-a-vis an Tischen, da wird ja zur Not noch was frei sein, und man setzt sich einfach um....
Und nun der absolute Knaller - ich erkundigte mich mal ganz vorsichtig nach Bettkarten für den Caledonian Sleeper für den 5. Juni, nachdem ich bei DSO kürzlich gelesen hatte, daß das angeblich gehen soll, aber recht knifflig ist - und nur selten von Erfolg gekrönt.
Trommelwirbel....er hätte es fast geschafft, der Knackpunkt ist der Fahrplanwechsel bei den britischen Bahnen im Mai. Der Kollege kämpfte sich durch einen Wust von Tarifbestimmungen, zauberte sogar ein "European Timetable" aus dem Schrank hervor, ließ dem inzwischen schon dampfenden Rechner keine Ruhe - bis wir dann nach dem Motto "Wir verändern jetzt einfach mal diverse Reiseparameter, bis wir den Kniff raus haben!" schließlich feststellten, daß zur betreffenden Zeit der Caledonian Sleeper nach einem anderen Fahrplan fährt, der noch nicht eingespielt ist. Er rief dann zur Sicherheit noch einen Kollegen in Koblenz an, um ganz sicher zu gehen - "Den ruf ich jetzt an, das ist genau der richtige Mann für solche Sachen!", sagte er voller Elan. Von dort erhielt er seine Bestätigung, und versuchte sich noch einmal an der Buchung, ohne Erfolg.
Wir kamen zu dem Schluß, daß ich es wohl nächste oder übernächste Woche noch einmal probieren sollte. Schließlich war er noch sehr clever, druckte einen Screenshot der Eingabemaske aus, versah sie mit meinem Namen, und legte sie in ein Fach mit den Worten: "Falls ich nicht da sein sollte, wenn Sie wiederkommen, soll der Kollege nach dieser Eingabemaske vorgehen! Dann sagen Sie dem Kollegen bitte, daß das hier für Sie hinterlegt ist!".
Als schließlich mit der Bezahlung das Ende der Aktion nahte, grinste er mich an, machte Lockerungsübungen mit seinen Fingern, und sagte: "Das hat mal wieder richtig Spaß gemacht!"

Daumen hoch! Applaus, es gibt sie doch noch, die wirklich bemühten, eifrigen Eisenbahner, die nicht locker lassen. Für die ganze Aktion hat er sich sage und schreibe 40 Minuten Zeit genommen! Ich fühlte mich fast wie vorletztes Jahr in London St.Pancras, wo sich ein Mitarbeiter der "East Midland Trains" mit genau dem gleichen Problem derart aufwendig um uns gekümmert hatte!
Klasse, Note 1 mit Stern. Mir hat es auch Spaß gemacht, ihm bei seinem doch recht erfolgreichen Kampf mit der Tücke des Objekts zuzusehen. Ich habe schon lange nicht mehr eine derart gute Erfahrung bei einer deutschen Eisenbahn gehabt! Solche positiven Eindrücke darf man nicht unerwähnt lassen. Besonders in unserer Zeit in unserem Land nicht!
PS: Ich habe es nun von daheim mal per Internet versucht, der Kollege hat sein allerbestes gegeben - Schlafwagenbuchungen für den Caledonian Sleeper sind auch bei ScotRail direkt aktuell nur bis 30.05. möglich!