Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

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Dieselpower

Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

Beitrag von Dieselpower »

Heute morgen passierte es wieder einmal. Hebel nach hinten, Magnete auf die Schiene und den Fuß aufs Makrofon - und trotzdem gab es den dumpfen Schlag, und das Rumpeln unterm Drehgestell, das mir als Tierfreund jedes mal den Spaß an der Arbeit für eine Weile verdirbt. Auch dieses Mal rannte das Reh wieder aus dem Schutz des Waldes eine Weile parallel, um dann noch vor dem Zug die Seite zu wechseln - es klappte wieder einmal nicht, und einmal mehr "schmückt" ein großer, schmutzig roter Fleck den schneebedeckten Bahndamm.
Da wir in der letzten Zeit leider häufiger Wildunfälle mit nicht-letalem Ausgang hatten, wo sich die schwer verletzten Tiere noch Stunden quälten, und sich die verstümmelten Gliedmaßen im eisigen Schnee und Harsch kühlten, ehe sie endlich erlöst wurden (durch Försters Hilfe oder wenn die Natur sich endlich erbarmt hatte...), bat ich den nächsten Fdl, schnellstmöglich den nächsten Förster oder Jagdpächter zu verständigen und dorthin zu schicken. Damit hatte ich erst mal getan, was ich konnte.
Bei diesen vorangehenden Zeilen läuft es mir schon wieder eiskalt den Rücken herunter, und das kehrt sich sofort in Wut um, wenn ich dann daran denke, was ich ein paar Stunden später erfahren hatte:
Bei der phantastisch organisierten Netz AG gibt es in so einem Fall ein ganz klar festgelegtes Procedere: Immer NUR die Notfall-Leitstelle verständigen, welche dann über die folgenden Schritte entscheidet. Na prima, da liegt ein Lebewesen möglicherweise stundenlang im Schnee, verblutet qualvoll und schmerzhaft, während man im fernen Frankfurt erst mal heraussucht, wo denn Hattert überhaupt liegt...und bis da erst mal der nach DIN EN ISO 4711 festgelegte Ansprechpartner herausgefunden ist, das dauert...und der ist gerade nicht zu erreichen. Naja, liegt der Kadaver nicht IM Gleis, ist es ja nicht so eilig, dann probiert man es mittags noch mal....
Das kann doch alles nicht mehr menschenmöglich sein...wenn ich sowas höre, könnte ich echt ko.....!

In meinem Fall heute war wenige Stunden später nichts mehr zu sehen, und ich weiß auch nicht, ob das Gerücht stimmt, das mir ein anderer Fdl zugetragen hat: Wenns mal brennt im Stellwerk...? NEIIIIIN, nicht die 112 anrufen - sondern die....Ihr wißt schon.... Rrrriiiischtiiiiiisch! Und bis jemandem die Ehre zuteil wird, von eben dieser Stelle zum Brandort abkommandiert zu werden, ist der Bau schon kontrolliert abgebrannt!

Deutschland, deine Richtlinien! :roll:
Horst Heinrich
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Registriert: Sa 18. Okt 2008, 23:07

Re: Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

Beitrag von Horst Heinrich »

Vielleicht läßt sich so etwas auch auf andere Art lösen, nämlich indem man die Rufnummer des jeweiligen Försters selbst heraussucht und im Handy speichert. Unter http://www.wald.rlp.de kann man sich über die Reviere seiner Region informieren. Forstamtslink: http://www.wald-rlp.de/index.php?id=4349)
In der Regel wird jeder Förster gerne helfen. Deine allgemeine Kritik am System ist aber auch hier wie immer gerechtfertigt. Mit der Verwaltung der produktiven Arbeit sind mittlerweile mehr Menschen beschäftigt, als mit der produktiven Arbeit selbst, dagegen waren die Bundesbahnzeiten noch glänzend. Gottseidank aber verlieren die Verwalter inzwischen selbst den Überblick und haben schlöaflose Nächte, weil sie sich ständig bei irgendeinem Teamleiter oder Geschäftsführungsassistenten für den Murks, den sie machen, rechtfertigen müssen. Was für ein trauriges Arbeitsleben. Ich möchte nicht tauschen...
Zuletzt geändert von Horst Heinrich am Di 9. Feb 2010, 21:16, insgesamt 1-mal geändert.
SOLANGE NICHT DIE KULTUSMINISTERKONFERENZ EINE EINSTWEILIGE VERFÜGUNG ERWIRKT UND SIE MIR PERSÖNLICH AN DER HAUSTÜR ÜBERREICHT,BLEIBE ICH BEI DER ALTEN RECHTSCHREIBUNG.
Bahnminister

Re: Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

Beitrag von Bahnminister »

Horst Heinrich hat geschrieben:Mit der Verwaltung der produktiven Arbeit sind mittlerweile mehr Menschen beschäftigt, als mit der produktiven Arbeit selbst, dagegen waren die Bundesbahnzeiten noch glänzend. Gottseidank aber verlieren die Verwalter inzwischen selbst den Überblick und haben schlöaflose Nächte, weil sie sich ständig bei irgendeinem Teamleiter oder Geschäftsführungsassistenten für den Murks, den sie machen, rechtfertigen müssen. Was für ein trauriges Arbeitsleben. Ich möchte nicht tauschen...
Richtig, und wenn man nicht mehr weiter weiß, dann bildet man einen Arbeitskreis... :lol:

Aber die Verwaltung bei der Bahn ist teilweise schon richtig pervers. Die Leute, die in der Verwaltung sitzen wissen doch teilweise selber nicht mehr, wer sich um welche BEreiche kümmert.
Die Verwaltungsblase ist extrem groß... :?
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westerwald-schlumpf
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Re: Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

Beitrag von westerwald-schlumpf »

Bahnminister hat geschrieben: Die Verwaltungsblase ist extrem groß... :?
Nur ne Frage der Zeit wann sie platzt ...
Bis dann, ich schlumpf mal weiter ... Bild
Bahnminister

Re: Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

Beitrag von Bahnminister »

westerwald-schlumpf hat geschrieben:
Bahnminister hat geschrieben: Die Verwaltungsblase ist extrem groß... :?
Nur ne Frage der Zeit wann sie platzt ...
Mal gucken... Dann rollen ein paar Köpfe. Und ich bin mir fast sicher, das sich der Verwaltungsapparat von selbst bereinigen wird... :?
Bahnminister

Re: Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

Beitrag von Bahnminister »

Und ich dachte, das ging nur bei der Bahn so :lol:
Dieselpower

Re: Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

Beitrag von Dieselpower »

Horst Heinrich hat geschrieben:Vielleicht läßt sich so etwas auch auf andere Art lösen, nämlich indem man die Rufnummer des jeweiligen Försters selbst heraussucht und im Handy speichert. Unter http://www.wald.rlp.de kann man sich über die Reviere seiner Region informieren. Forstamtslink: http://www.wald-rlp.de/index.php?id=4349)
In der Regel wird jeder Förster gerne helfen....
Schon dabei, Horst Heinrich. Ich dachte mir schon, daß Du als Fachmann einen brauchbaren Link einstellst, vielen Dank dafür, und ich hoffe, möglichst viele Kollegen suchen sich hier schon mal die passenden Rufnummern der in der Regel durchfahrenen Forstreviere heraus.
Die Tiere, denen der Gang über die Regenbogenbrücke bevorsteht, werden für diese Art Hilfe dankbar sein, denn mit nur noch zwei Beinen kommt auch ein Reh nur noch sehr mühsam allein dorthin.... :cry:

Entschuldigt diese deprimierenden Worte, ich mußte das mal los werden, und wenn nur ein Kollege mehr sich diesen Beitrag zu Herzen nimmt, ist schon mal wieder etwas mehr vorprogrammiertes Leid entschärft....
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KoLü Ksf
Präsident der Deutschen Bundesbahn B11
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Re: Auch das gehört leider zum Thema Eisenbahn

Beitrag von KoLü Ksf »

Hallo Marko,

leider gehört dieses Thema auch dazu, wenn jemand auf dem Land wohnt. Kaum drei Wochen in Unterfranken ansässig, hatte ich leider auch meine erste "Berührung" mit dieser Problematik (im wahrsten Sinne des Wortes). So etwas wühlt dich im ersten Moment ganz schön auf, zumal noch Kleinkinder mit im Auto waren. Gottseidank musste das noch junge Tier nur sehr kurz leiden, ein Jäger, der unmittelbar hinter mir herfuhr, brauchte nicht mehr einzugreifen und half mir auch noch beim Transport des toten Tieres zum zuständigen Revierförster. Inzwischen habe ich mit dem fast täglichen Kontakt zu den Waldbewohnern gelernt umzugehen.

Auch die Problematik mit den Meldeketten in einem größeren Unternehmen bin ich bestens vertraut. Nachdem wir neue Wirtschaftsprüfer bekamen und diese der Meinung waren, wir benötigen eine streng organisierte Meldestelle, damit unsere ansonsten überforderten Mitarbeiter immer eine zentrale Anlaufstelle für ihre Problemmeldungen haben, braucht es mindestens dreimal so lange und mindestens dreimal soviele Kollegen, bis der richtige informiert ist, der sich dann des Problems annehmen muss. Dazu kommt noch eine neu zu installierte Software, die die ganzen Vorgänge überwacht und jährlich von unseren WP auch überprüft wird. Irgendwie habe ich das ungute Gefühl, dass hier einfach nur Daseinsberechtigungen erfunden werden, teilweise ohne Sinn und Verstand und vor allem ohne Rücksicht auf irgendwelche unsinnigen Kosten.

Nachdenkliche Grüße
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